Ein Besucher des Fernsehturms beklagt, dass sich in nächster Nähe des Wahrzeichens und neben einem Spielplatz die Schwulenszene trifft. Und offenbar nicht unbedingt ausschließlich unter dem Mantel der Dunkelheit.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Degerloch - Er hat eine schlechte Erinnerung an Stuttgarts Wahrzeichen. Am vergangenen Freitag ist Mike Tobin gegen 17 Uhr mit seiner sechsjährigen Tochter und einer Bekannten auf den Fernsehturm gefahren. „Wir haben uns sehr gefreut, dass er wieder offen hat“, sagt der Mann aus der Region. Sie haben die Aussicht genossen, im Turmkorb einen Kaffee getrunken und sind, als sie nach knapp zwei Stunden wieder unten waren, noch bei dem kleinen Spielplatz hängengeblieben. Bis dahin war der Ausflug ein gelungener.

 

Nachdem sich seine Tochter an den Geräten ausgetobt hatte, „haben wir noch Verstecken gespielt“, erzählt Mike Tobin. Versteckenspielen im Wald – aus Kindersicht gibt’s sicher fast nichts Tolleres.

Mike Tobin hat auf Zwanzig gezählt und ist los, da kamen ihm seine Tochter und die Bekannte schon recht schnell entgegen. „Meine Begleitung hat gesagt: ,Wir müssen schnell weg hier‘“, berichtet er. Daraufhin hat er sich zwischen den Bäumen umgesehen, „und da habe ich die Herren gesehen“, sagt Mike Tobin. Mehrere männliche Pärchen bei sexuellen Handlungen. „Und auf dem Waldboden lagen gefühlte 1000 Kondome. Wir waren sehr schockiert.“

Anscheinend keine Prostitution

Dass der Wald am Fernsehturm ein Anlaufpunkt für die Schwulenszene ist, ist ein offenes Geheimnis. In der Regel trifft man sich unter dem Mantel der Dunkelheit. Nach Auskunft von Sabine Dorsch vom städtischen Ordnungsamt handelt es sich dabei nicht um einen Schwulenstrich. „Über Prostitutionshandlungen haben wir keine Erkenntnisse“, sagt sie. „Dort verabreden sich Privatleute nach Gutdünken. Ohne finanzielle Interessen.“ Dennoch sollen die Mitarbeiter des städtischen Vollzugsdiensts „die Kontrollen intensivieren“.

Auch die Polizei weiß von dem Treffpunkt. „Bekannt ist das generell schon lang“, sagt der Sprecher Stephan Widmann. In jüngerer Zeit habe es bei der Polizei über die Umtriebe im Wald allerdings keine Beschwerden gegeben. Der polizeiliche Fachdienst Prostitution „geht dem jetzt natürlich nach“, sagt er.

Die Nachricht, dass am Fuße des Fernsehturms männliche Pärchen zugange sind, überrascht die SWR Media Services nicht; die Firma betreibt das Wahrzeichen der Landeshauptstadt. Möglicherweise habe sich die Szene ausgeweitet während der drei Jahre, in denen der Stuttgarter Fernsehturm geschlossen gewesen und es deshalb etwas ruhiger rund um den beliebten Ausflugspunkt zugegangen ist. So mutmaßt es Martina Becker, die Sprecherin der SWR Media Services.

Die Szene hat sich gefühlt ausgebreitet

Zwar habe es – abgesehen von der aktuellen – seit der Wiedereröffnung keine Beschwerden von Besuchern dazu gegeben, sagt Martina Becker. Die Fernsehturm-Mitarbeiter hätten allerdings bestätigt, dass sich die Szene in letzter Zeit im Degerlocher Wald ausgebreitet habe. „Die Mitarbeiter sind immer wieder im Austausch mit der Polizei“, sagt die SWR-Sprecherin. „Da spricht man dann über verschiedene Dinge“, und eben auch über die Vorkommnisse im angrenzenden Wald.

Um den Spielplatz, auf dem Mike Tobins Tochter gespielt hat, kümmern sich die SWR Media Services. Solange sich keine Pärchen direkt dorthin verirren, „haben wir wenig Handhabe“, sagt Martina Becker. „Aber das Ganze ist schon ein Problem, wir sind davon nicht begeistert, wie man sich vorstellen kann.“

Dem Vater Mike Tobin geht es nach eigener Aussage nicht darum, dass er etwas gegen Schwulentreffs hat. „Aber so etwas passt nicht zu einem Ausflugsziel wie den Fernsehturm“, sagt er. Er erzählt, dass er die Männer keine 200 Meter entfernt von dem Spielplatz gesehen habe. „Meine Kleine hat Gott sei Dank nicht hundert Prozent verstanden, was da passiert, wir Erwachsenen schon.“ Sie seien dann rasch aufgebrochen. Mitgenommen haben sie eine schlechte Erinnerung an ihren Besuch beim Stuttgarter Fernsehturm.