Die Kirchen haben immer weniger Mitglieder – und doch sind ihre Bauten von großer kultureller Bedeutung. Wie das Chance und Herausforderung zugleich ist für die aktuelle Kirchenarchitektur, zeigt nun ein Wettbewerb der Wüstenrot-Stiftung im Hospitalhof.

Stuttgart - „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt wie es ist, muss sich alles ändern“, spricht der Baron in Tomasi de Lampedusas Roman „Der Leopard“. So ähnlich verhielt es sich im Fall der 1968 fertig gestellten Heilig-Geist-Kirche in Olpe. Das Bistum schlug den Abriss vor. Pfarrer Clemens Steiling befragte die Gemeinde. Acht Büros wurden zu einem Wettbewerb eingeladen. Von 450 auf 150 Plätze zurückgebaut, sollte der Kirchenraum neu und doch wiedererkennbar bleiben. Es gab kein klares Raumprogramm, als das Büro Schilling aus Köln, das dafür nun einen der zwei Preise eines bundesweiten Wettbewerbs der Wüstenrot Stiftung erhielt, mit dem Umbau begann. Auf alten Fotos sieht man einen dunklen Raum mit frontal ausgerichteten Bänken. Nun ist eine Ecke verglast, der verkleinerte, schöne und helle liturgische Raum bildet eine Insel, von drei Seiten zeigen die Stuhlreihen auf einen zentralen Altar: „Genau so wie es war, aber komplett anders“, sagt der Architekt.

 

„Kirchengebäude und ihre Zukunft. Herausforderung und Chance“, lautete das Thema des Wettbewerbs der Stiftung, die nun im Hospitalhof mit einem Kolloquium, einer Ausstellung der 20 Entwürfe der engeren Wahl und einem Symposium die Preise vergeben hat. Vorstandsvorsitzender Joachim Schielke unterstrich die baukulturelle Bedeutung von Kirchenbauten, auch „wenn die religiöse Bindung nachlässt“. „Kirchen sind besondere Orte“, sekundierte Stefan Krämer und beschrieb eine „Präferenzhierarchie“ bei der Umnutzung, von einer erweiterten kirchlichen Nutzung bis hin zur Pizzeria und Autowerkstatt. Das hält auch die Juryvorsitzende Kerstin Wittmann-Englert für unangemessen. Kirchenräume bezeichnen mittels einer „baulich formulierten Schwelle“ einen Übergang von der profanen in die sakrale Welt, bemerkte sie und behauptete: „Die Architektur der Nachkriegszeit ist dem Erbe früherer Zeit überlegen.“ Dies lässt sich an den Grundrissen der Ausstellung festmachen, darunter ein Rundbau, ein Kreuz mit trapezförmigen Armen, eine Parabel und ein Achteck.

Im Fall des zweiten Preisträgers, des Stadtteilzentrums Q1 in Bochum-Stahlhausen, ist eine schon dem Abriss geweihte Kirche zu einem neuen Mittelpunkt des Quartiers geworden. Ein Raum der Stille bildet das Zentrum. Der Komplex ist als Kirche nicht entwidmet worden und doch für alle Bewohner des stark migrantisch geprägten Quartiers da. Nicht nur der Bau, auch die Gemeinde hat sich neu erfunden.