Für seine Aussage zum „Schwarzen Donnerstag“ wurde Ex-Ministerpräsident Mappus 2010 penibel vorbereitet: das Staatsministerium hat aufgeschrieben, was frühere Zeugen gesagt hatten – und was er selbst besser verschweigen sollte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ist auf seine Aussage vor dem ersten Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten umfassend vorbereitet worden. Das damals CDU-geführte Staatsministerium schrieb ihm nicht nur einen Text für sein Eingangsstatement, an den er sich über weite Passagen nahezu wörtlich hielt. Es bereitete ihn auch auf alle erwarteten Fragen vor und listete auf, was bisherige Zeugen dazu gesagt hatten. In einem Fall wurde Mappus sogar indirekt empfohlen, eine wichtige Information als Zeuge zu verschweigen – was er prompt tat.

 

Das geht nach StZ-Informationen aus einem mehr als 20-seitigen Vermerk für Mappus hervor, der dem zweiten Untersuchungsausschuss vorliegt. Das namentlich nicht gezeichnete Papier stammt aus der Abteilung 1 des Staatsministeriums, die seinerzeit von dem Ministerialdirigenten Michael K. geführt wurde. Verfasser dürfte der damalige Vizeabteilungschef Michael P. sein, der als Regierungsbeauftragter agierte. Er hatte in einer anderen Nachricht auch die Formulierung von der „widerspruchsfreien“ Aufarbeitung der Akten verwendet. Beide Beamte wehren sich seit geraumer Zeit massiv dagegen, dass der Ausschuss Einblick in ihre erhalten gebliebenen Mails erhält.

Sorgfältige Auswertung früherer Aussagen

Beim ersten Ausschuss hatte die Landtags-CDU darauf gedrungen, dass Mappus erst ganz am Ende aussagt. Dies gab dem Staatsministerium die Möglichkeit, seine Aussage im Lichte der bis dahin erfolgten Zeugenaussagen vorzubereiten. Als der Ministerpräsident am 22. Dezember 2010 vor dem Gremium auftrat, folgte er weitgehend dem vorbereiteten, vierseitigen Eingangsstatement; dies ergibt der Abgleich zwischen dem Vermerk und dem Protokoll. Weil er immer wieder den Blick hob, fiel nicht auf, dass er ablas.

Bei den Fragen, die nur zum Teil den vorbereiteten entsprachen, antwortete er deutlich freier. In dem Vermerk war für ihn jeweils dargestellt, wie sich welche Zeugen zu welchen Themen geäußert hatten. Vorsorglich wurde er darauf hingewiesen, die Sprachregelung sei lediglich eine Empfehlung; für eine wahrheitsgemäße Aussage seien seine eigenen Erinnerungen maßgeblich. An einer Stelle gab Mappus versehentlich zu erkennen, wie intensiv er anhand früherer Zeugenaussagen vorbereitet worden war. „Wenn ich die bisherigen Protokolle richtig sehe, dann hat doch der Herr Polizeipräsident selber gesagt . . .“, leitete er eine Bemerkung ein. Auf den Vorhalt der Grünen, wie es sein könne, dass er Protokolle kenne, korrigierte er sich umgehend: Nein, er habe keine Protokolle vorliegen gehabt oder noch vorliegen.

Wirklich nie ins Polizeigeschäft eingemischt?

Einer der Kernpunkte von Mappus’ Aussage war damals, dass er sich zwar habe informieren lassen, sich aber nie ins operative Geschäft der Polizei eingemischt habe. Dies habe er immer so gehalten und werde er immer so halten, betonte er. Im gewissen Widerspruch dazu steht ein Vorgang bei der abschließenden Besprechung am Vortag im Staatsministerium, bei der es vor allem darum ging, ob genügend Polizeikräfte zur Verfügung stünden.

Mappus soll dort angeboten haben, sich bei den Ministerpräsidenten anderer Bundesländer persönlich um Verstärkung zu bemühen. Dabei ist die Rekrutierung von Kräften eigentlich Sache der Polizei oder des Landespolizeipräsidiums im Innenministerium. In dem Vermerk erscheint fett gedruckt der Hinweis, dass dieses Angebot bisher von keinem Zeugen thematisiert worden sei. Folgerichtig verschwieg es Mappus dem Gremium ebenso – obwohl es dieses fraglos interessiert hätte.

Gegen den Ex-Ministerpräsidenten sowie zwei Ex-Beamte ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Falschaussage im ersten Ausschuss. Hintergrund ist, dass es entgegen ihren Beteuerungen beim Abriss des Nordflügels im August 2010 eine politische Einflussnahme auf die Polizei gegeben haben soll. Unklar ist, ob der Anklagebehörde der vorbereitende Vermerk für Mappus’ Auftritt vorliegt. Der zweite Ausschuss hatte ihn als Anhang zum Regierungsbericht erhalten. Diesen Bericht wollten die Ermittler laut einer Sprecherin ausdrücklich nicht auswerten. Begründung: die Unterlagen, aus denen er entstanden sei, lägen ihnen bereits vor.