Seit Monaten pausiert der EnBW-Ausschuss, um auf Akten der Staatsanwaltschaft zum Ermittlungsverfahren gegen Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu warten. Jetzt geht’s weiter: Als Zeugen sind am Freitag jene CDU-Leute geladen, die wegen Kontakten zu Stefan Mappus zurücktraten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die letzte Sitzung des Untersuchungsausschusses zum EnBW-Deal endete mitten in der Zeugenvernehmung. Es gebe „fundierte Anhaltspunkte“, dass dem Land bei dem Milliardengeschäft ein Schaden entstanden sei, bilanzierte Bernhard Jeggle von der Landesgesellschaft Neckarpri seine vorbereitete Erklärung. Der Aufschlag von 18 Prozent auf den Börsenkurs etwa sei wohl nicht gerechtfertigt gewesen. Gerne hätten die Abgeordneten noch nachgefragt, doch dafür war keine Zeit mehr. Der einstige LBBW-Analyst Jeggle wurde mit dem Hinweis vorerst entlassen, man werde die Befragung beim nächsten Mal fortsetzen.

 

Das war im Oktober vorigen Jahres. Seither pausierte das Gremium, um auf Akten der Staatsanwaltschaft zum Ermittlungsverfahren gegen Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zu warten. An diesem Freitag tritt es erstmals wieder zusammen, aber Jeggle ist nicht geladen. Stattdessen müssen der frühere Vorsitzende Ulrich Müller (CDU), der frühere CDU-Obmann Volker Schebesta und der CDU-Fraktionschef Peter Hauk in den Zeugenstand. Müller und Schebesta werden zu ihrem Zusammenspiel mit Mappus befragt, das beide das Amt kostete, Hauk zu seinem Wissen über den EnBW-Deal.

Regeln gebrochen, aber deren Einhaltung gefordert

Bekannt wurden die Kontakte der Ausschussfunktionäre zum Ex-Regierungschef durch die bei Mappus beschlagnahmten Unterlagen. Bei der Razzia im vorigen Sommer in Pforzheim waren diverse Dokumente gefunden worden, die Müller ihm übermittelt hatte. Seither konnte er wissen oder ahnen, dass er auffliegen würde. Doch erst kurz nach der Übersendung der Akten an den Ausschuss erklärte er seinen Rücktritt. Bis heute herrscht im Landtag Kopfschütteln darüber, wie ausgerechnet der als integer und korrekt geltende Abgeordnete sich zu einem solchen wiederholten Regelbruch hinreißen lassen konnte – aber auch über die Chuzpe, mit der er gleichzeitig die Einhaltung von Regeln anmahnte.

Der 68-Jährige rätselt angeblich selbst über sich. „Vielleicht war ich zu weichherzig“, meinte er, „vielleicht hatte es etwas mit Fairness zu tun“. Es habe ihn gestört, dass alle Welt Informationen aus dem Ausschuss kannte, nur Mappus nicht. Alte Verbundenheit zu seinem Staatssekretär sei jedenfalls nicht das Motiv, man habe ein „neutrales Verhältnis“. Nun muss sich Müller auf bohrende Fragen einstellen – wohl auch dazu, was er dem Ex-Premier im Einzelnen zugespielt hat. Sein Nachfolger als Vorsitzender, Klaus Herrmann (CDU), gelobte schon einmal, er werde keine Unterlagen an Mappus weitergeben und vorerst den Kontakt zu ihm meiden.

SMS-Kontakt sogar in laufenden Sitzungen

Daran hätte auch Volker Schebesta gut getan, der einstige CDU-Obmann im Ausschuss. Wiederholt korrespondierte er mit dem Hauptakteur des EnBW-Deals per SMS, sogar in laufenden Sitzungen. Fragen an Zeugen, darauf legt er Wert, habe er sich aber nicht vorgeben lassen. Den nie bestrittenen Kontakt zu Mappus betrachtete Schebesta eigentlich nicht als Grund zurückzutreten; nur mühsam konnte er dem Vernehmen nach dazu bewegt werden. Dafür spricht auch seine gewundene Erklärung, er wolle der CDU weiteren Schaden durch die „Berichterstattung“ ersparen.

Auskunft wird der Offenburger auch zu jenem Treffen mit Mappus bei der Fraktionsklausur Anfang 2012 in Heidenheim geben müssen, das CDU-intern größere Turbulenzen ausgelöst hatte; Ohrenzeugen berichten von einem lautstarken Disput zwischen Schebesta und Hauk. Wenn er Mappus wirklich hinter dem Rücken des Fraktionschefs eingeladen hätte, wäre das ein Akt der Illoyalität. Die Besprechung sei bereits zu Jahresbeginn bekannt gewesen, teilte er der StZ mit; ansonsten werde er sich erst als Zeuge äußern.

Retourkutsche für Hauks Austrittsforderung

Am gelassensten kann wohl Peter Hauk seinem Auftritt entgegensehen. Grüne und Rote wollen wissen, wann und inwieweit er vorab über den EnBW-Deal informiert war. „Im Detail“, hatte Mappus behauptet, und das „bereits vor der diesbezüglichen Kabinettsentscheidung“. Es war wohl eine Retourkutsche für Hauks Empfehlung, er könne den „Scheißverein“ CDU (Mappus) gerne verlassen. Tatsächlich spricht alles dafür, dass der Fraktionschef erst in letzter Minute und nur grob eingeweiht wurde.

Nach der Befragung der CDU-Leute heißt es für den Ausschuss wieder Warten. Für April sind die nächsten zehn Aktenordner von der Staatsanwaltschaft angekündigt, sofern Mappus sich nicht erneut gegen die Überstellung wehrt. Es handelt sich um jene Sicherungskopien von E-Mails aus dem Herbst 2010, die im Staatsministerium gefunden wurden und um Daten von seinem privaten Computer in Pforzheim. Mit einiger Nervosität wird in der CDU darüber spekuliert, was darauf alles gespeichert sein könnte. Etwa auch Dossiers über Parteifreunde, wie immer wieder gemunkelt wurde?

Noch gar nicht in Deutschland sind hingegen jene Dokumente, die unlängst bei der EDF in Paris sichergestellt wurden. Womöglich muss erst ein französischer Sonderausschuss über die Verwertbarkeit entscheiden. Insider versprechen sich wenig davon: Die Strategen des Staatskonzerns seien viel zu clever, als dass sich nach zwei Jahren noch Brisantes bei ihnen fände.