Kitas, Krankenhäuser, Busse: Am Mittwoch haben 7000 städtische Angestellte gestreikt. „Jetzt geht es los, für mehr Moos“, skandierten sie auf dem Marktplatz.

Stuttgart - Heute Warnstreik! Das schwarz-rote Plakat am Eingang des Stuttgarter Rathauses stellte an diesem Mittwoch klar, dass das städtische Dienstleistungsangebot an diesem Tag sehr eingeschränkt oder gar nicht vorhanden war.

 

Drinnen war kaum jemand unterwegs. Dafür wehte mittags draußen vor der Rathausfassade ein buntes Verdi-Fahnenmeer, „Keine Pädagogik zum Hungerlohn“ , hieß es auf einem großen Transparent. Auf einem anderen grüßte das Wasser-und Schifffahrtsamt Stuttgart die Streikenden, auch die Mitarbeiter der Rems-Murr-Kliniken, des Stuttgarter Schulverwaltungsamtes und des Ludwigsburger Jugendamtes waren bei der Demonstration auf dem Marktplatz plakativ vertreten. Die Streikenden forderten unter anderem 6,5 Prozent mehr Lohn und einen Festbetrag von 200 Euro für alle. „Es ist toll, dass so viele Kollegen und Kolleginnen aus der Region gekommen sind“, sagte voller Freude Bernd Riexinger, der Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Stuttgart.

„Jetzt geht es los, für mehr Moos“

Auf dem Marktplatz begrüßte die Verdi-Landesvorsitzende Leni Breymaier „5000 liebe Kolleginnen und Kollegen“. Allein im Raum Stuttgart beteiligten sich insgesamt 7000 Erzieherinnen, Bus- und Stadtbahnfahrer, Krankenschwestern, Müllmänner, Verwaltungsangestellte und Schleusenwärter an dem ersten Warnstreik im öffentlichen Dienst – 2072 waren es allein bei der Stadt. „Heute merken alle, dass unser öffentlicher Dienst viel mehr ist als nur ein Kostenfaktor, denn ohne ihn läuft nichts“, sagte Breymaier. Diese gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen müssten endlich ordentlich entlohnt werden. Eine Forderung, die jeder auf dem Marktplatz gern hörte. „Die nächsten Milliarden für uns“, forderte ein Plakat. „Jetzt geht es los, für mehr Moos“, skandierten die Demonstranten.

„Ihr verkündet heute hier eine klare Botschaft an die kommunalen Arbeitgeber“, lobte Riexinger. Diese müssten bei der nächsten Verhandlungsrunde am 12. und 13. März endlich ein vernünftiges Angebot vorlegen. Der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle appellierte an die Tarifparteien, rasch eine Lösung in dem Tarifkonflikt zu finden. „Ich habe ein Grundverständnis für die Forderung der Beschäftigten“, so Wölfle. Es müsse möglich sein, mit einem Beruf im öffentlichen dienst eine Familie zu ernähren.

Fahrräder und Gleitzeitkonten wurden genutzt

Die Stuttgarter hatten sich augenscheinlich recht gut auf den ersten Warnstreik vorbereitet. In der Stadt waren mehr Radler als sonst unterwegs. So mancher Arbeitnehmer nutzte sein Gleitzeitkonto und gönnte sich einen halben oder ganzen freien Tag. Statt mit Stadtbahnen und Linienbussen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) kamen viele am Morgen mit überfüllten S-Bahnen und zu Fuß zur Arbeit.

Gearbeitet wurde allerdings auch bei der bestreikten Stadt. „Von unseren 58 Abfuhrtouren im Stadtgebiet sind wegen des Warnstreiks nur 36 ausgefallen“, erklärte Thomas Heß, der Leiter der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Die übrigen 22 Touren seien freiwillig geleistet worden. „Wir haben niemanden dazu gedrängt.“

Alle Busse und Bahnen blieben in den Depots

Von Verdi gab es allerdings Widerspruch. „Bei der Müllabfuhr haben nur Kollegen mit einem befristeten Arbeitsvertrag gearbeitet“, erklärte Riexinger. Diese seien von der Gewerkschaft gar nicht zum Streik aufgerufen worden. Bei den SSB, deren Mitarbeiter zum großen Teil Gewerkschafter sind, wurde der Streikaufruf konsequent befolgt: Alle Busse und Bahnen blieben in den Depots, die Zahnradbahn nach Degerloch und die Seilbahn zum Waldfriedhof standen ebenfalls still.

Auch für knapp 8800 Kinder fiel am Mittwoch die Betreuung in den Kitas aus. Doch die Eltern hatten sich darauf eingestellt. Einige hatten das Angebot der Stadt genutzt und ihre Sprösslinge mit an den Arbeitsplatz gebracht. „Der eine Tag wird noch überbrückbar sein“, meinte Michaela Scharf vom Gesamtelternbeirat der städtischen Kitas am Mittwoch. „Aber wenn es dann zu längeren Streiks kommt, wird das schwierig.“ Auf der anderen Seite verstehe man auch die Erzieherinnen: „Die Bezahlung müsste besser sein.“

Auch etliche Schulen bekamen den Streik zu spüren. Zwölf Hausmeister und 27 Betreuerinnen der verlässlichen Grundschule waren im Ausstand, hatten dies aber angekündigt. An der Elise-von-König-Schule in Münster musste sich die Schulleiterin Renate Schlüter am Mittwoch selbst um die Handwerker kümmern.