Die künstlichen Landschaften um Carrara sind Klaus-Dieter Schmidts Lieblingsorte. Die Galerie Schäfer in Waiblingen zeigt bis zum 2. Dezember Bilder des Stuttgarter Künstlers.

Waiblingen - Wenn Klaus-Dieter Schmidt im Sommer in die Toskana fährt, nimmt er keine Badehose mit sondern wetterfeste, warme Kleidung. „Ich gehe dort nie ans Meer“, sagt der 68-Jährige, der das schon seit rund 30 Jahren so hält. Denn was ihn magisch anzieht, sind die Steinbrüche um die Stadt Carrara, die in gut tausend Metern Höhe liegen. Die Wochen in den Apuanischen Alpen könne man nicht als Urlaub bezeichnen, sagt der Stuttgarter, der sein Atelier in Kernen hat: „Ich fahre dort hin, um zu arbeiten.“

 

Tag für Tag macht er sich morgens auf den Weg, das Auto vollgepackt mit Palette und Pinseln, Gouachefarben, Tuschen und Deckweiß sowie Brettern, auf die er Papierbögen aufgezogen hat. „Ich fahre so weit ich kann, und wenn eine Schranke kommt, ist das für mich die Grenze“, sagt der pensionierte Kunsterzieher. Soll heißen: er lässt das Auto stehen, klemmt sich Bretter und das übrige Malgepäck unter den Arm und marschiert vollbeladen los in Richtung Steinbruch, um zu zeichnen.

Felsformationen erinnern an Bauwerke

„Mich fasziniert die Tektonik, dass es aussieht wie Architektur. Da brauche ich nicht groß zu abstrahieren, und es kommt doch keine Idylle raus“, sagt Klaus-Dieter Schmidt über die ganz besondere, von Menschenhand geschaffene Landschaft mit ihren Kanten und Flächen, Linien und Ecken, die oft an Ruinen gewaltiger Bauwerke erinnern. Dazwischen gähnen schwarze, in den Fels getriebene Löcher, manche davon sind so groß, dass man problemlos das Mittelschiff des Kölner Doms hineinschieben könnte. Dort sucht Klaus-Dieter Schmidt Schutz, wenn das Wetter ihm mal wieder einen Streich spielt: „Es ist dort sehr wechselhaft und regnet oft, und ich habe im Juni schon bitterlich gefroren.“

Um die hundert Marmorbrüche hat Klaus-Dieter Schmidt im Laufe der Zeit schon gesehen und gemalt – interessante und weniger spannende. Die stillgelegten Brüche seien durchaus idyllische Fleckchen, erzählt Schmidt, der seit Kindertagen zeichnet und malt: „Himmlische Ruhe und Vogelzwitschern. Aber es ändert sich nichts mehr.“ Anders die Orte, an denen noch Marmor abgebaut wird: „Da sieht es jedes Jahr anders aus.“ Dort sucht sich Klaus-Dieter Schmidt ein möglichst sicheres Plätzchen und legt los – zwischen dröhnenden Bohrhämmern, kreischenden Seilsägen, gewaltigen Kränen und Baggern. Diese Geräuschkulisse störe ihn kein bisschen, sagt er: „Ich finde das inspirierend.“

Die Baumaschinen tauchen auch immer wieder in seinen Aquarellen und Zeichnungen auf. Schmidt nutzt sie als bunte Farbkleckse in der ansonsten von Erdfarben bestimmten, steinernen Landschaft. Und um die Größenverhältnisse zu zeigen: die Bagger, Lastwagen und Kräne wirken zwischen den Felskolossen im Hochhausformat wie Kinderspielzeug.

Sitzplatz neben dem Bagger

Ab und zu versucht ein Vorarbeiter, Klaus-Dieter Schmidt des Steinbruchs zu verweisen: Zu gefährlich sei das, heißt es. „Dann fange ich an zu jammern“, erzählt der Künstler und lacht verschmitzt: „Am Ende fragt er meist: Wo willst du hinsitzen?“ Früher platzierte sich Schmidt auch direkt neben einem Bagger, „aber inzwischen ist alles etwas strenger geworden. Jetzt schaue ich nach ruhigeren Plätzen.“

In einigen Steinbrüchen gehört Klaus-Dieter Schmidt, den manche Arbeiter den „Professore“ nennen, fast zur Belegschaft. Die teilt mit ihm Vesper und Getränke – und oft auch das Interesse für Kunst. „Nunzio zum Beispiel steht im Steinbruch Piastrone jeden Tag an der Bohrmaschine, abends und am Wochenende belegt er Kurse im Aktzeichnen. Einige Arbeiter machen auch Skulpturen. Und wenn ich da auf meinem Hocker sitze und zeichne, steigen sie aus ihren Lastwagen, setzen sich neben mich und geben ihre Kommentare ab.“

Die Galerie Schäfer, Lange Straße 9 in Waiblingen, zeigt unter dem Titel „Cave di marmo“ bis zum 2. Dezember gut 40 Arbeiten von Klaus-Dieter Schmidt. Die Galerie ist donnerstags und freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet.