Die Plieningerin Elke Martiny verarbeitet Hoffnungen, Ängste und Wünsche zu sehenswerten Collagen. Sie hatte und hat ein bewegtes Leben. Ihre Werke sind noch bis Mitte Dezember im Bezirksrathaus zu sehen.

Birkach/Plieningen - Ihre Collagen sind fragil und vielschichtig: Elke Martinys Arbeiten, auch ihre Leinwände, scheinen den vergänglichen Augenblick festhalten, ja einfrieren zu wollen. Gleichzeitig sind sie Momentaufnahmen der Wandlungen, Wirrnisse und Winkel der von ihr – immer betont zerbrechlich – wiedergegebenen menschlichen Existenz. „Wandlungen“ ist auch der Titel ihrer aktuellen Ausstellung, die noch bis zum 12. Dezember im Bezirksrathaus Plieningen-Birkach zu sehen ist.

 

Feiner Sand, Ausschnitte aus Fotografien, Fundstücke aus Nordafrika, zerfressene Seide, halbtransparente Stoffe, mit Acryl-, Pastell- oder Pigmentfarben bemalte Formen und Handschriften setzt Elke Martiny zu vieldeutigen Werken mit einer gewollten, aber ganz eigenen Patina zusammen, die auch das – von häufigem Wandel bestimmte – Leben der Künstlerin widerspiegeln. Sie sei „hin und wieder etwas wankend, aber immer nach vorne gegangen“. Zur Malerei hat sie in Paris gefunden, nach dem Tod ihres gerade einmal sechsjährigen Sohns. „Ich wollte mich ausdrücken und suchte auch nach einer Möglichkeit, schlimme Erlebnisse zu verarbeiten“, beschreibt Elke Martiny ihre Motivation, seither immer wieder zu Pinsel, Spachtel und Schere zu greifen.

Entwicklungshelferin in Tunesien

Selbst die großflächigen Leinwände, mit denen sie zunächst in den Ateliers zweier befreundeter Maler beginnt, gestaltet sie von Beginn an in der – noch heute – für ihre Arbeiten typischen Misch-Technik. Einen, auch für ihr künstlerisches Werk offenkundig sehr wichtigen Abschnitt ihres Lebens verbringt Elke Martiny als Entwicklungshelferin in Tunesien. Ein senegalesischer Mädchenkopf taucht immer wieder in unterschiedlicher farblicher Gestaltung in mehreren ihrer Collagen auf, außerdem Arme, menschliche Hände und als Metapher für den Krieg auskeilende Pferdehufe. Über Teile mancher Werke legt sie feine Schleier gazeartiger Stoffe: Schutz vor Berührung und leise Anspielung auf die Länder mit islamischer Kultur.

Nach Jahren in Überlingen am Bodensee ist die Künstlerin im März dieses Jahres nach Plieningen gezogen. „Es ist gut, wieder einer Großstadt nahe zu sein“, sagt sie. Die meisten Ausstellungen bestreitet sie inzwischen gemeinsam mit ihrer in Frankfurt lebenden Tochter Almut Martiny (www.art-martiny.de), mit der sie in intensivem Kontakt steht. „Eltern und Kinder, die auch Maler werden“, sagt sie, „das gibt’s meist nur bei Vater und Sohn“.

Elke Martiny, Jahrgang 1939, stammt aus Unna. Zu Malerei und Journalismus hat sie nach den Mai-Unruhen 1968 in Paris gefunden. Nach ihrem Studium – Sprachen, Kunstgeschichte und Sozialtherapie – geht sie für das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zwei Jahre als Entwicklungshelferin nach Algier. 1977 wird sie Mitglied im Frankfurter Bund Bildender Künstler. Bis 1985 reist sie in alle Länder der nordafrikanischen Maghreb-Region. In Deutschland engagiert sie sich auch als Sozialtherapeutin. Nach mehreren Jahren in Überlingen am Bodensee lebt sie in Plieningen. Seit 1995 ist sie Mitglied im Forum Künstlerinnen, Stuttgart.

Ihre Werke sind bis 12. Dezember im Bezirksrathaus Plieningen-Birkach zu sehen