Im Freien Musikzentrum an der Stuttgarter Straße wird derzeit eine Ausstellung mit Werken von Flüchtlingskindern gezeigt. Sie malen, um ihre Traumata zu verarbeiten.

Feuerbach - Andreas G. Winter zeigt das Gemälde von Basset. Der 13-jährige Junge aus Afghanistan hat als Kind seine Mutter verloren. Dieses Bild der Ausstellung habe ihn besonders nachhaltig beeindruckt, sagt der Leiter des Freien Musikzentrums (FMZ) auf dem Roser-Areal in Feuerbach. Zu sehen ist der Kopf einer Frau. Die eine Gesichtshälfte wirkt hell und freundlich. Die andere hat Basset in dunklen und düsteren Farben gemalt. Das menschliche Antlitz wird in der Mitte durch ein rotes und spitz zulaufendes Band in zwei Teile getrennt. Es könnte ein Messer oder Dolch sein. Basset hat dazu geschrieben: „Ich stehe am Ufer eines breiten Flusses. Eine sehr liebe Frau gibt mir die Hand und hilft mir, ihn zu überspringen. Auf der anderen Seite verwandelt sie sich plötzlich. Sie ist grausam und böse und wirft mich in den Krater eines Vulkans. Dort sterbe ich in kochender Lava.“

 

Es sind teilweise bedrückende Szenen und Motive, die in der Ausstellung „Zurück ins Leben – Bilder gemalt von traumatisierten Kindern“ im FMZ zu sehen sind. Daneben stehen meist Begleittexte, in denen die Kinder ihre Werke kommentieren. Der sechsjährige Saud hat eine „Maske für Angst“ gebastelt. „Ich habe nur Angst vor dem Geist, wenn er uns klaut und tötet“, schreibt er dazu. Doch es sind auch mutmachende Werke dabei wie zum Beispiel die „Kraftfiguren“, die im Refugio München, einem Zentrum, das sich um traumatisierte Flüchtlinge kümmert, entstanden sind.

Maltherapie soll einen Zugang zu den Kindern öffnen

Die Hilfsorganisation terre des hommes fördert weltweit Projekte, die sich um traumatisierte Kinder kümmern. Zum Kreis dieser geförderten Initiativen gehört auch das Refugio München. Dort sind die Werke entstanden. Denn das Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer bietet speziell für Flüchtlingskinder kunst- und spieltherapeutische Hilfen an. „Die Maltherapie kann einen Zugang zu den verstörten Kindern öffnen und sie kann helfen, ihr Trauma zu bewältigen“, sagt FMZ-Leiter Winter. Die Ausstellung demonstriere das eindrücklich. Andere Projekte werden fotografisch dokumentiert, wie „Taller de Vida“ in Kolumbien. In dem Zentrum lernen Kindersoldaten und Vertriebene gemeinsam, Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Antonio aus Angola träumt nachts von seinen schrecklichen Taten als Kindersoldat: „Ich kenne kein Mitleid, ich fühle nicht mehr“, beschreibt er seinen aktuellen Zustand.

Thema Flüchtlingskinder tangiert auch den Stadtbezirk

Der Leiter des Freien Musikzentrums, der gleichzeitig für die Fraktion der Grünen im Gemeinderat sitzt, hat die Wanderausstellung von terre des hommes ganz bewusst nach Feuerbach geholt. Das Thema habe sich angeboten, weil ja derzeit recht kontroverse Diskussionen über die Flüchtlingsunterkünfte im Gebiet Schelmenäcker-Süd geführt werden. „Ich denke, die gezeigten Bilder sprechen für sich“, sagt Winter. Auch für Lehrer und Schulklassen könne die Ausstellung wichtige Impulse für den Unterricht liefern. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass Deutschland in seiner Geschichte schon mehrfach selbst ein Auswanderungsland gewesen sei. Hunger, Krieg, Elend und Flucht habe es auch hierzulande mehrfach gegeben, betont Winter.

Ein Anlass für den Exodus vieler Schwaben sei zum Beispiel eine ungeheure Vulkanexplosion im Jahr 1815 in Indonesien gewesen. „Gase und Staub sorgten auch hierzulande vor exakt 200 Jahren für Klimaveränderungen, Missernten und Hungersnöte“, berichtet Winter.