26 Ausstellungsstücke in Vitrinen im Haus der Geschichte erzählen vom Leben auf und nach der Flucht. Die Schau „Überlebensgeschichten von A bis Z – Dinge von Geflüchteten“ läuft noch bis April.

Stuttgart - Ein Schokokuchen-Rezept, ein Zeugnis und eine Gebetskette. Was diese Gegenstände gemeinsam haben? Sie alle sind persönliche Gegenstände von Geflohenen und Teil der Interventionsausstellung „Überlebensgeschichten von A bis Z – Dinge von Geflüchteten“ im Haus der Geschichte. Am Dienstag, dem Internationalen Tag des Flüchtlings, konnten Erwachsene und Schulklassen bei einem Rahmenprogramm aus Workshops, Vorträgen und Führungen von 10 bis 21 Uhr erstmals diese Geschichten hören. „Es geht es uns darum zu zeigen, dass Flüchtlinge Individuen sind. Sie sollen nicht als passive Opfer, sondern als aktive Bürger wahrgenommen werden, von denen das Land profitieren kann. Ihre Geschichten helfen dabei, Vorurteile und Ängste abzubauen“, sagt Caroline Gritschke vom Haus der Geschichte zum Ausstellungskonzept.

 

Führungen für Schulklassen

Normalerweise sind in den 26 Vitrinen vor dem Eingang und im Foyer keine Erinnerungsstücke, sondern Objekte zum Thema Baden-Württemberg zu sehen. Für die Ausstellenden und die Kuratoren kein Widerspruch: „Das Haus der Geschichte hatte die Idee zur Ausstellung, weil es der Meinung war, dass wir auch ein Teil von Baden-Württemberg sind. Das freut uns sehr, denn wir sind der gleichen Meinung. Mit Hilfe dieser Gegenstände wollen wir unsere Geschichten erzählen“, sagt die 26-jährige Syrerin Hala Twim, die am Dienstag Schulklassen durch die Ausstellung führte.

Erstes Gebot der Tante: „Die Sprache lernen.“

„Das ist meine Vitrine und meine persönliche Geschichte“, beginnt die junge Mutter mit Blick auf ihr Ausstellungsstück: das Rezept eines Schokoladenkuchens. 2016 nahm Twim an einem Deutschkurs für Frauen teil. Alle Teilnehmerinnen hatten das gleiche Hobby: Rezepte sammeln. „Also haben wir Rezepte aus unseren Heimatländern ausgetauscht und nachgekocht. Die Kochanleitungen mussten wir im Passiv aufschreiben. Die Vitrine zeigt, dass Lernen auch Spaß macht“, erklärt die junge Frau, die vor zwei Jahren nach Deutschland kam. „Als wir ankamen, meinte meine Tante, die hier seit 15 Jahren lebt und bei der wir unterkamen, dass wir als erstes Deutsch lernen müssen. Deshalb ist mir Bildung so wichtig, “ so die Syrerin weiter.

Praktikum beim Jugendamt

Neben ihren Sprachkursen hat die junge Frau bereits ein Praktikum beim Jugendamt absolviert. In diesem Bereich möchte sie später auch arbeiten. Integrationsschwierigkeiten sind ihr in den zwei Jahren in Stuttgart kaum begegnet. „Außer die Sache mit dem Kopftuch, das ich trage. Daran scheinen sich manche nicht gewöhnen zu können.“ Bei ihrer Leidenschaft, dem Kochen, gab es hingegen keine Berührungsängste mit den Schwaben: „Ich habe schon Maultaschen probiert, die waren wirklich lecker“, erzählt sie lachend. Auch den Stuttgartern ist ein positiver Austausch mit den Geflohenen wichtig, sagt Caroline Gritschke: „Der Gegenwind hielt sich in Grenzen. Vor der Eröffnung gab es fast nur positive Stimmen zum Ausstellungskonzept. Manche sagten zwar, hier würden Lügengeschichten ausgestellt und dass diese Geschichten zu viel Platz bekommen, aber das ist Gott sei Dank eine Minderheit.“

Die Ausstellungsstücke können noch bis 8. April 2018 täglich (außer montags) von 10 bis 18 Uhr und donnerstags bis 21 Uhr im Haus der Geschichte besichtigt werden. Der Eintritt zu „Überlebensgeschichten von A bis Z“ ist frei.