Rund 100 Jahre lang waren die Römer zu Gast im Remstal, eine Ausstellung im Waiblinger Landratsamt erklärt die Geschichte. Den Wein hätten die Südländer jedoch nicht in die Gegend gebracht, sagte Andreas Thiel vom Landesdenkmalamt im Einführungsvortrag.

Waiblingen - Es war das Jahr 150 nach Christus, als römische Legionäre im Welzheimer Wald erschienen, eine Grenze absteckten und Wachtürme und Kastelle bauten. Am Donnerstagabend ist im Waiblinger Kreishaus eine Ausstellung mit dem Titel „Im Schatten des Limes“ eröffnet worden, die archäologische Überreste aus der Provinz hinter der Grenze zeigt. Vielfältige Spuren hätten die Römer archäologisch und kulturell hinterlassen, sagte die Dezernentin Tina Hülle, die dem Heimatverein Waiblingen und etlichen Museen, die Exponate beigesteuert hatten, für ihre Kooperation dankte. Stilecht steuerten Mitglieder der Welzheimer Römertruppe Numerus Brittonum ein Weihrauchopfer bei und riefen den römischen Gott Jupiter um Beistand an.

 

Das Hinterland um Waiblingen habe immer etwas im Schatten der römischen Grenze gelegen, sagte Andreas Thiel, der Gebietskonservator am Landesdenkmalamt, der den Einführungsvortrag hielt. Thiel erklärte die auf den ersten Blick willkürlich gezogene Limeslinie. Die Grenzziehung habe dazu gedient, eine Straße zu schützen, welche den Römern den Weg zwischen ihren damals großen Siedlungen im heutigen Mainz und Augsburg verkürzen sollte. Andere Gründe, die Grenze vom Rhein nach Osten zu verlegen, ließen sich kaum finden. Das Land sei rohstoffarm und nur sehr dünn besiedelt gewesen, sagte Thiel. Das wisse man daher, dass es kaum archäologische Belege für eine Besiedlung vor den Römern gebe. Zwar hatten wenige hundert Jahre zuvor die Kelten die Gegend beherrscht, diese seien aber offenbar von Germanen vertrieben worden.

Im Gefolge der römischen Truppen kamen Siedler ins Land, welche aus allen Ecken des römischen Reiches umzogen. Sie brachten römische Lebensweise mit ins Remstal, spezialisierte Berufe und die Landwirtschaft. Es entstanden einzeln stehende Gutshöfe mit Viehhaltung, Villa Rustica genannt, und Handwerkersiedlungen, davon eine im Osten des heutigen Gewerbegebiets Eisental.

Dort, wo in den vergangenen Jahren neue Gewerbegebäude gebaut wurden, machten sich knapp 2000 Jahre zuvor Töpfer an die Arbeit. Ein Modell in der Ausstellung zeigt die damals verwendeten Brennöfen. Ihre Terra Sigillata genannte Keramik ließ sich offenbar gut verkaufen. Bis nach Passau und Heilbronn habe man Überreste des Waiblinger Tongeschirrs nachweisen können, sagt Thiel. Viele andere Bauern und Handwerker hatten wohl militärische Kundschaft: Die Soldaten am Limes mussten verköstigt werden. Das sei wohl Haupteinnahmequelle für die römische Bevölkerung gewesen, die in Langhäusern nahe den Römerstraßen wohnten.

Von dem Jahr 230 an war die Stippvisite der Hochkultur dann jedoch vorbei. Germanen überwanden laut Thiel den schwach geschützten Limes. vielleicht erst als Viehdiebe, später auf Raubzug. Die Römer ergriffen die Flucht, manche wurden versklavt und umgebracht. „Germanien war für Rom das, was der Nahe Osten für die heutige Welt ist“, sagte Thiel. Ein beständiger Unruheherd, in welchem die römische Großmacht zwar Eroberungsversuche startete, den sie letztlich jedoch sich selbst überließ. Nach dem Weggang der Römer blieb eine leere Gegend zurück, die laut Thiel erst rund 200 Jahre später von den Alemannen erneut besiedelt wurde.

Ein weit verbreiteter Mythos, die Römer hätten den Wein ins Remstal gebracht, hält indes keiner Überprüfung stand. Zwischen 150 und 250 sei es den Römern in den Provinzen gar nicht gestattet gewesen, Wein anzubauen, sagte Andreas Thiel. Erst rund 150 Jahre später sei an der Mosel der erste römische Wein gekeltert worden. Ein Traubenkern, den Archäologen bei Ausgrabungen in Welzheim gefunden hatten, stamme wohl von einer Rosine.