Italieischer Import-Wein, edler Schmuck, feinste Gefäße: die Kelten ließen es sich um 700 vor Christus gut gehen. Das zeigt die neue Ausstellung im Keltenmuseum Hochdorf. Zu sehen sind Funde vom größten keltischen Geländedenkmal Europas, der Siedlung im Heidengraben auf der Schwäbischen Alb.

Eberdingen - Die Gallier lieben den Wein außerordentlich. Sie stürzen ihn unverdünnt hinab, bis sie in Schlaf oder einen Zustand der Raserei verfallen.“ So hat der antike griechische Geschichtsschreiber Diodor den Weinkonsum der frühen keltischen Kulturen um 700 vor Christus beschrieben. Wer die neue Ausstellung „Kelten, Kalats, Tiguriner – Archäologie aus dem Heidengraben“ im Keltenmuseum Hochdorf genauer betrachtet, könnte zum Schluss kommen, dass Diodor recht hat.

 

Zu sehen sind dort bis Ende April Spuren des größten keltischen Geländedenkmals in Europa aus der Siedlung im Heidengraben bei Erkenbrechtsweiler (Kreis Esslingen). Die Ausstellung geht in weiten Teilen zurück auf die akribische Arbeit von Achim Lehmkuhl, der 2014 zum Archäologen des Jahres in Baden-Württemberg gekürt wurde. Die Funde zeichnen ein vielschichtiges Bild des Lebens, das es dort, in einem überregionalen Zentrum der Kultur und des Handels, gegeben hat. Und dazu gehörten auch: Luxus, Kunst – und Wein.

Ein Sklave für eine Amphore Wein

Amphorenreste, die aufgrund ihrer Zusammensetzung auf eine Herkunft aus dem Großraum Neapel hinweisen, zeigen, dass die Kelten am Heidengraben bereits im großen Stil Weinimport betrieben haben – wohl im Wechselkurs eine Amphore Wein für einen (germanischen?) Sklaven. „Wer sich Wein und edle Gefäße dafür leisten konnte – das war schon die Hautevolee“, sagt Simone Stork, die Leiterin des Keltenmuseums. Eine unscheinbar wirkende, grünlich schimmernde Scherbe entpuppt sich als Relikt einer edlen Bronzekanne, die als eine Halterung in Form einer göttlich-beschwipsten Weinfratze gestaltet wurde. „Das lässt rauschende Gelage erahnen“, sagt Stork, die besonders die Unterstützung des Landesdenkmalamts bei der Zusammenstellung der Schau und der Restauration der Stücke hervorhebt.

Luxus, das bedeutet auch: prachtvolle Ohrringe, die von den keltischen Damen wohl ebenso in Würde getragen wurden wie schwarz glänzende Schmuckstücke aus fossiler Kohle; Kesselhalterungen, die kunstvoll in gezwirbelter Form geschmiedet wurden; Stücke aus Glas, das in dieser Qualität erst weit nach dem Mittelalter wieder hergestellt wurde; und natürlich: Goldmünzen. Die Siedlung sei auch mit Blick auf die Wirtschaftsform eine Besonderheit, erläutert Achim Lehmkuhl: „Hier war es erstmals möglich, sich mit Gold in einer Großstadt etwas zu kaufen.“

Die Kelten konnten nicht nur Luxus

Reich waren die dort lebenden Kelten wohl – aber keine Prahlhanse. Sie können auch als Vorläufer der mittelalterlichen Ritterkultur verstanden werden. Schon vor den Römern haben sie mit hartem Eisen gearbeitet, Sporen und Kettenhemden hergestellt. Bemerkenswert ist auch die Baukunst, etwa bei hoch entwickelten Mauerkonstruktionen. Ebenso ihre ausgefeilte Stadtplanung, die sich ein Hochplateau der Schwäbischen Alb zunutze machte.

Ach ja: den Titel habe die Ausstellung vom Jugendbuchklassiker Rulaman – dort wird ein (keltisches) Nachbarvolk, das mit Metall arbeitet und leichtgläubige Steinzeitleute über den Tisch zieht, als „Kalats“ bezeichnet. Und die Tiguriner waren ein helvetischer Keltenstamm – und womöglich just jene Menschen, die im Heidengraben auf der Schwäbischen Alb so Großartiges geschaffen haben.

Filme und Vorträge

Zeiten:
Die neue Sonderausstellung im Hochdorfer Keltenmuseum ist von diesem Freitag, 23. Oktober, an zu sehen und läuft bis zum 24. April 2016. Das Museum ist dienstags bis freitags von 9.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 17 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen jeweils von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Programm:
Am 24. November, 19.30 Uhr, gibt es einen Vortrag von Gerd Stegaier, Universität Tübingen, in der Hochdorfer Gemeindehalle; auch mehrere Filmabende werden geboten, der nächste am Freitag, 30. Oktober, 19.30 Uhr. Näheres unter www.keltenmuseum.de.