Im Hemminger Etterhof eröffnet im März eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg. Das liegt auch am außerordentlichen Engagement eines jungen Mannes.

Hemmingen - Am Anfang war ein Urlaub in Frankreich. Auf dem Rückweg aus Paris hielt die Familie Maisch in Verdun, wo vor fast genau 100 Jahren eine der verheerendsten Schlachten des Ersten Weltkriegs tobte. Steffen Maisch, damals noch ein Kind, war fasziniert, vor allem, weil zuhause ein Bild seines Urgroßvaters hing, der im Krieg gekämpft hatte. „Ich wusste fast nichts über ihn“, erzählt der 17-jährige Berufsschüler – es war der Beginn einer fast schon detektivischen Arbeit, die ihren vorläufigen Höhepunkt in einer Ausstellung im Hemminger Etterhof findet, die sich um den Ersten Weltkrieg dreht.

 

Die Ausstellung war Maischs Idee. „Ich hatte einige Informationen gesammelt und dachte, es lohnt sich, die zu zeigen.“ Damit ging er auf Michael Geyer zu, den Zweiten Vorsitzenden des ortsgeschichtlichen Vereins. Geyer war sofort begeistert: „Es kommt nicht alle Tage vor, dass einem ein junger Mann so eine Idee unterbreitet.“ Ein Jahr lang haben die beiden recherchiert, sind eingetaucht in die Schicksale von Hemmingern zwischen 1914 und 1918. Sie haben mit Menschen gesprochen, die ihnen etwas über die früheren Soldaten erzählt oder ihnen alte Fundstücke überlassen haben. Aus Feldpost, Berichten und durch Recherche beim Kriegsstammrollen-Register in Stuttgart haben Geyer und Maisch Einblicke in das Leben von rund 20 der insgesamt 120 Hemminger Soldaten während des Krieges bekommen.

Verbindungen zu Widerstandskämpfer

So stießen die beiden auch auf Eberhard von Hofacker, einen Generalleutnant und Enkel des württembergischen Außenministers Friedrich Gottlob Karl von Varnbüler. Von Hofacker wiederum war der Vater von Cäsar von Hofacker, der im Zweiten Weltkrieg am Widerstand in Frankreich beteiligt war – und dessen Cousin Claus Schenk Graf von Stauffenberg 1944 mit dem Attentat auf Hitler scheiterte. „Diese Verbindungen haben wir durch Zufall entdeckt“, erzählt Geyer – in diesem Fall durch ein altes Schriftstück.

Schriften, Briefe und allerlei Gegenstände – militärisch wie zivil – sind in der Ausstellung im Etterhof zu sehen. Teils handelt es sich um Leihgaben, auch von Hemminger Bürgern. Mehrmals haben Geyer und Maisch ihre Mitbürger darum gebeten, alte Sachen zur Verfügung zu stellen. „Wir haben dann die Leute direkt angesprochen“, sagt Geyer. Herausgekommen sind einige „Glücksfunde“.

Kunst als Beschäftigungstherapie

Vieles hatten Maisch und Geyer schon im eigenen Fundus. Steffen Maisch hat irgendwann angefangen, alte Kriegsüberbleibsel zu sammeln. Der Schüler wurde oft auf Flohmärkten in Frankreich und Belgien fündig, die er während Familienurlauben abgeklappert hat. Extra dafür sei die Familie zwar nicht hingefahren, „aber ich wollte deshalb da hin“. Maisch findet es spannend, in der Geschichte zu graben; später will er Archivar werden.

Die Exponate im Etterhof zeichnen ein Bild vom Leben der Soldaten an der Front. Geyer zeigt auf eine Packung Tabak, die jemand aufgehoben hat. „Schwaben halt“, sagt er und lacht. „Im Schützengraben haben alle geraucht“, erzählt Geyer – um den Gestank der Leichen zu überdecken. Zu sehen ist auch Kunst aus Kriegsutensilien, mit der sich diejenigen, die nicht unmittelbar an der Front waren, die Langeweile vertrieben haben. „Für die Soldaten war es wichtig, beschäftigt zu sein, um nicht verrückt zu werden“, sagt Geyer.