Mehmet Werner zeigt im Generationenhaus Heslach seine Fotoausstellung „Gesichter und Augebenblicke“. Für seine Portraits hat er Menschen im Generationenhaus angesprochen und sie kurzerhand mit vor die Tür genommen.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Wenn er aus seinem Haus geht und in Richtung Marienplatz läuft, zieht es ihn automatisch immer wieder zum Generationenhaus Heslach. Seit sechs Jahren ist Mehmet Werner dort ehrenamtlich im Café Nachbarschafft aktiv. Nebenbei hat er in dieser Zeit viele Menschen, die dort arbeiten, sich engagieren oder einfach nur Besucher sind, fotografiert. Seit dieser Woche zeigt Werner dort den dritten Teil seiner Ausstellung „Gesichter und Augenblicke jung und alt“. Seine Fotografien sind schwarz-weiß gedruckt. Durch die bewusst eingesetzte knappe Schärfentiefe will Mehmet Werner den Augenblick betonen. Die Menschen sind jeweils paarweise abgebildet, wodurch Werner den Fokus auf die Unterschiede der Generationen und der Kulturen legen will.

 

Das Garagentor dient als Kulisse

Im Laufe seiner Zeit im Generationenhaus hat Mehmet Werner viele Kontakte geknüpft. Für seine Porträtserie hat er einige dieser Menschen angesprochen und sie kurzerhand mit vor die Tür genommen. Als Kulisse diente ihm das Garagentor vor dem Haus. Zu unterschiedlichen Tageszeiten hat er dort die Personen abgelichtet. Jedes Porträtfoto hat nur drei bis fünf Minuten gedauert. „Länger darf das nicht sein. Sonst sind die Menschen nicht mehr sie selbst“, sagt Werner.

Mit offenem Blick schauen alle 33 Personen in die Kamera. Sie alle haben unterschiedliche Funktionen und Positionen im Generationenhaus, kommen aus verschiedenen Kulturen. Nur ein Bild hebt sich von den anderen ab. Ein kleiner Junge hat die Augen auf seinem Bild geschlossen. „Er ist etwas Besonderes im Café, ein kleiner Freigeist“, sagt der 53-jährige Fotograf über den kleinen türkischstämmigen Jungen. „Alle lieben ihn im Café. Er ist das Kind von allen“, ergänzt Werner.

„Vielleicht mache ich bald ein anderes Projekt“

Mehmet Werner liebt vor allem die Atmosphäre im Café Nachbarschafft. Die Ungezwungenheit, das herzliche Miteinander und dass jeder sich um jeden kümmere, sagt er. Seine dritte Porträtserie ist dennoch seine letzte. Drei Ausstellungen in sechs Jahren zu diesem Thema seien genug, sagt er. „Vielleicht mache ich bald ein anderes Projekt“, kündigt er an.

Die Fotografie hat Mehmet Werner schon als Kind fasziniert. Als er mit 18 Jahren im Jahr 1980 alleine nach Deutschland kam, machte er zunächst das deutsche Abitur und studierte dann in Bielefeld Fotodesign. Zehn Jahre lebte er in Norddeutschland. Dann nahm er die deutsche Staatsbürgerschaft an und durfte gleichzeitig auch wieder in sein Geburtsland einreisen. „Davor durfte ich das aus politischen Gründen nicht mehr“, erzählt er.

Erst 1990 konnte er als Deutscher wieder in die Türkei einreisen. „Dann habe ich meine Sehnsucht nach der Heimat mit meinem Beruf verbunden“, sagt Werner. Parallel zu seinem Studium in Deutschland habe er wieder viel Zeit in seiner Heimatstadt Istanbul verbracht. Seine Diplomarbeit schrieb er über die Reislamisierung in Istanbul, seine Brötchen verdiente er sich dort nebenbei als Mode- und Werbefotograf. „Aber ich habe viel zu viel gearbeitet dort“, sagt er heute.

Stuttgarter Süden statt Istanbul

Nach 15 Jahren in Istanbul hatte er deshalb genug. „Ich hatte echt die Schnauze voll von allem dort“, sagt er. Seine Karriere, die rasante Entwicklung der türkischen Metropole, das war ihm alles zu viel. Gleichzeitig habe er seine zweite Frau kennengelernt. Deshalb habe er beschlossen, zu ihr nach Stuttgart ins Lehenviertel zu ziehen. „Sie ist eine richtige Kehrwochen-Schwäbin“, erzählt er, auch wenn sie in der Türkei geboren sei. Aufgewachsen sei sie im Schwäbischen. Deshalb war die Entscheidung, wo sie gemeinsam leben wollen, klar. Der Stuttgarter Süden sei ihm nach Istanbul wie ein kleines, heimeliges Dorf vorgekommen. „Hier konnte ich mich gut erholen.“ Inzwischen sei er so erholt, dass er gar nicht mehr weg wolle.

Seine Frau ist zugleich seine beste Kritikerin. „Sie hält viel von mir als Fotograf“, sagt Mehmet Werner. Da sie an der Stuttgarter Kunstakademie Malerei studiert habe, sei sie auch vom Fach. „Ich verlasse mich deshalb auf ihr Auge“, ergänzt er. Sie animiert ihn auch immer wieder, solche Projekte wie im Generationenhaus Heslach anzugehen. „Mode und Werbung interessieren mich auch nicht mehr“, sagt der Fotograf. Auch findet er, dass er in seiner Zeit in Istanbul genug gearbeitet hat. Derzeit ist er deshalb nur noch gelegentlich als freiberuflicher Fotograf tätig. „Den Großteil meiner Freizeit verbringe im Café Nachbarschafft“, sagt er.