Am Montag wird in der Schorndorfer Galerie Q eine Ausstellung mit Arbeiten des Künstlers Kai Rheineck eröffnet. Er beschäftigt sich mit verschiedenen Sichtweisen von Architektur.

Schorndorf - Wer die Schorndorfer Galerie Q am Montagabend zur Vernissage betreten wird, den empfängt eine sehr sparsam möblierte Raumanmutung. Den Hauptraum der Galerie ziert nur eine Leinwand, die von zwei Seiten mit einer Serie von rund 500 Bildern angestrahlt wird, weitere sind an einer Seitenwand zu sehen.

 

Die Ausstellung nennt sich „Der gute Wille“. Auf den Bildern kann man in vielen Details erkennen, was passierte, als der Höhepunkt der Flüchtlingswelle im Sommer 2015 Deutschland erreichte. Überall entstanden Flüchtlingsunterkünfte, die wahrhaft aus dem Boden gestampft wurden. In Düsseldorf, wo Kai Rheineck das Geschehen fotografisch dokumentierte, wurde etwa das „Düsseldorfer Modell“ geschaffen – eine planerische, pragmatische Antwort auf die Flüchtlingsfrage. Viele Details sind auf den Bildern zu sehen: Sitzgruppen, Bodenfugen, Betten. Eine andere Bilderserie zeigt Räume, wo sich Helfer und Anwohner trafen, Säle in Kirchengemeinden und Stadtteilzentren, wo über die Flüchtlinge diskutiert und die Hilfe organisiert wurde.

Gebäude mit „begrenzter Nutzungszeit“

Er frage sich, sagt Kai Rheineck, was diese Art des Umgangs mit dieser Herausforderung über uns selbst aussage. Die Bilder der Unterkünfte zeigen eine Industriebauweise, wie sie damals schnell zu bewerkstelligen war. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen lassen wenig Heimeligkeit aufkommen, in der Ausstellungsbeschreibung wird viel mit Worten wie „bedarfsgerecht“ und „begrenzte Nutzungszeit“ gespielt. Wenig Designkomfort bieten auch die Sitzmöbel, die Rheineck für die Ausstellung geschaffen hat. Die Gartenbänke aus runden Hölzern mögen zweckmäßig wirken, bequem sind sie nicht. Wer sich auf ihnen niederlässt, bekommt die Härte der Bilder quasi im eigenen Kreuz zu spüren.

Da wirkt es doch etwas überraschend, dass der 1967 in Remscheid geborene Künstler im Lichthof der Galerie Q den Gegenentwurf dieser Bauweise präsentiert. Dort hat er eine gut sechs Meter hohe Fassade installiert, die den Idealen des Renaissance-Architekten Palladio entspricht, ein Regierungsgebäude, wie Rheineck sagt, das eigentlich mit einer Marmor-Fassade ausgestattet sein sollte – aber tatsächlich nur aus Styropor-Platten besteht. Interessant ist, dass die Ausstellungsbesucher über eine Treppe nicht von vorne, sondern von hinten an das Objekt herangeführt werden. Es sei ein in der Architektur bekanntes Spiel, Fassaden vorzuhängen, sagt die Kulturforums-Geschäftsführerin Alexa Heyder. Ganz aus Marmor sei kaum ein Gebäude.

Mehrere Bewusstseinsebenen

Wie jedoch passt das nun zusammen – der Ausstellung eine klassische Fassade zu geben und die Besucher dann mit vielen Details von Flüchtlingswohnheimen zu konfrontieren? Ihn interessieren die unterschiedlichen Denkweisen und Bewusstseinsebenen, sagt Rheineck. Manchmal seien Menschen eben Pragmatiker, mal Idealisten. Der Zustand könne sich sogar mehrfach täglich ändern, und er wirke sich eben auch auf die Idee von Architektur aus.

Auf die Frage, was wiederum die Architektur mit der Bildhauerei verbinde, hat Rheineck eine einfache Antwort: ein Bildhauer müsse eben keine Toiletten planen, sagt er. Mit anderen Worten: Ein Bildhauer kann die Sachzwänge ganz beiseite lassen und sich ganz auf die Formen und deren Anmutung konzentrieren.