Der Möhringer Künstler Clemens Hövelborn zeigt in Stuttgart-Vaihingen auf Einladung von Kultur am Kelterberg Arbeiten unter der Überschrift „Neuer kapitalistischer Realismus“. Er malt Motive alter Meister nach, übersetzt in die Gegenwart.

Vaihingen - Malt den Teufel an die Wand“. Zumindest hat er seinem Selbstporträt diese Spruchweisheit auf die nackte Brust gemalt, und seine Arbeiten zeigen durchaus dämonische Fratzen und höllische Wesen. Doch dem Künstler aus Möhringen geht es ganz konkret um die Realität. Unter dem Titel „Neuer kapitalistischer Realismus“ zeigt er von Samstag, 4. März, an in der Galerie des Kunstvereins Kultur am Kelterberg Ölgemälde aus einer fast zehn Jahre andauernden Schaffensperiode. Für die recht drastischen Bilder nimmt Clemens Hövelborn die Werke alter Meister zum Vorbild und übt zugleich Kritik an der modernen Gesellschaft.

 

Vorliebe für Caravaggio und Goya

Hövelborn, 1980 in Backnang geboren, hat sein Handwerk an der Freien Kunstschule in Stuttgart gelernt. Dort vertiefte er seine Vorliebe für alte Meister wie Caravaggio, den frühbarocken Künstler mit Hang zu Mord und Totschlag, oder Goya, der im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert ein Wegbereiter des späteren Realismus war.

Judith enthauptet Holofernes von Artemisia Gentileschi

Auch Clemens Hövelborn bevorzugt den realistischen Malstil, und nur gelegentlich lassen sich surrealistische oder abstrakte Elemente in seinen Arbeiten finden. Neben den Bildern alter Meister hat der Künstler Fotos oder mit Hilfe von Freunden gestellte Szenen als Vorlage genommen. Die neuen „Coverversionen“, wie er seine Arbeiten selbst nennt, sind feiner und detaillierter ausgearbeitet als beispielsweise das 2008 entstandene Bild, das auf Artemisia Gentileschis „Judith und Holofernes“ zurückgeht. In seiner Übersetzung des barocken Originals in die Gegenwart hat der Künstler Drogendealer mit Waffen, eine Prostituierte, einen Priester und einen Banker neben Tim K., den Amokläufer von Winnenden gestellt.

„Krieg dem Kriege“

Zwei Arbeiten zum Thema Krieg verknüpfen Motive aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und des Nationalsozialismus mit der Gewalt unserer Zeit. Sie gehen auf eine Schrift des Pazifisten Ernst Friedrich zurück. Das 1924 entstandene Buch „Krieg dem Kriege“ zeigte die Wirklichkeit: Verwundete, Verletzte, Elend. Man solle dieses Buch allen zu lesen geben, empfahl damals Kurt Tucholsky. Hövelborn lädt ebenso dazu ein, genauer hinzusehen. Das Titelbild von Friedrichs Buch – „Ebenbild Gottes mit Gasmaske“ – hat der Künstler mit der Darstellung eines Mannes mit verstümmeltem Gesicht und einem Bundeswehrsoldaten kombiniert. Eindrücklich ist an anderer Stelle eine Szene voller Gewalt, die von einer Frau mit dem Handy gefilmt wird.

Georg Elser und Luigi Lucheni

Es geht ihm immer um die Gegenwart, und doch ist Hövelborn keiner, der eine Donald-Trump-Karikatur nach der anderen malt. Seine Sujets findet er bei biblischen Gemälden wie dem von Artemisia Gentileschi. Sie ließ den Despoten Sisera von Jaël mit einem Zeltpflock ermorden. Auch bei Hövelborn treibt eine Frau einen Nagel in den Kopf ihres Opfers, beobachtet von dem in Schwarz-Weiß gehaltenen Hitler-Attentäter Georg Elser und Luigi Lucheni, dem Mörder der Kaiserin Elisabeth.

Im Hintergrund der neueren Arbeiten sind Räume, Himmel und Gebäude wie das Atomkraftwerk Neckarwestheim oder das Haus, in dem der Künstler lebt, zu sehen. Neu sind die Fabelwesen à la Goya, die sich auf manchen Bildern tummeln. Und immer wieder zählen Hövelborns Figuren Geldscheine, werden Menschen mit dem Messer oder mit der Kettensäge bearbeitet. Er zeige die „Schönheit im Entsetzlichen“, sagt der Künstler selbst dazu.

Die Schönheit im Entsetzlichen

Vernissage Die Ausstellung „Neuer kapitalistischer Realismus“ mit Arbeiten von Clemens Hövelborn wird am Samstag, 4. März, um 19 Uhr in der Galerie, Kelterberg 5, eröffnet. Sie ist bis zum 26. März freitags, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr zu sehen. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.realistische-malerei-in-moehringen-kapitalismuskritik-i...