Eine neue Ausstellungsreihe im Stadtmuseum Am Laien stellt Schätze der Sammlung in den Mittelpunkt. Auch Alltagsgegenstände haben für Kulturwissenschaftler musealen Wert. Die Ditzinger sind dazu aufgerufen, Bühne, Keller, Garage und Schränke zu durchforsten.

Ditzingen - Ein Hocker. Ein Gebetbuch. Ein Röhrenverstärker. Eine Pfostenramme. Ein paar Hasenformen. Und zwei leere Vitrinen. Das ist die neue Ausstellung im Ditzinger Stadtmuseum – bis jetzt. Wenn es nach der Museumsleiterin Nina Hofmann geht, bleiben die leeren Vitrinen nicht lange leer. Die Ausstellung „Sammlungsschätze“, die an diesem Freitag eröffnet wird, ist auf Zuwachs geplant. Einen Anstoß liefern und dann auf die Einwohner hoffen – das ist das Konzept. Denn Gegenstände aus dem Alltag sollen Geschichte mit Geschichten lebendig machen.

 

Stadtgeschichte sei nicht nur eine Aufzählung von Zahlen und historischen Daten, meint Nina Hofmann. Stadtgeschichte werde auch aufgezeigt durch viele persönliche Geschichten ihrer Bewohner, die an einen Gegenstand gebunden sind. „Ortsgeschichte besteht aus persönlichen Dingen und auch aus Erinnerungen“, sagt die Kulturwissenschaftlerin. Das können Erzählungen ebenso sein wie Tagebücher – im Idealfall die Dokumentation von Ereignissen, die Geschichte geschrieben haben. Gegenstände sind stumme Zeitzeugen. Die will Hofmann quasi zum Sprechen bringen, sie bewahren und ihre Geschichte dokumentieren.

In diesem Sinn sind die fünf ausgestellten Gegenstände aus dem Depot beste Beispiele für diese Konzeption. Der Dreibeinhocker, mit einem roten Überzug versehen, stand jahrzehntelang im Schlafzimmer einer Ditzinger Familie. Vater und Mutter kamen in den fünfziger Jahren aus Chemnitz hierher, erzählte die Tochter. Der Hocker habe seinen Platz vor dem Spiegelschrank gehabt, darauf habe die Mutter ihre Lockenwickler abgelegt. Und gelegentlich habe der Überzug einer der beiden Schwestern beim Spiel als Perücke gedient.

Vereins- und Festgeschichte erzählt der kleine graue Blechkasten zwei Vitrinen weiter. Es ist ein Röhrenverstärker, Marke Eigenbau von 1968. Damals gab es schon die Feste des Musikvereins – doch als der im Zelt spielte, konnten die Besucher außerhalb die Musik nur schlecht hören. Da schuf der Verstärker Abhilfe: Mit Einsteckmöglichkeiten für vier Mikrofone.

Unternehmensgeschichte erzählen die Hasenformen: Ein Hase mit Tretroller, einer mit Lokomotive, einer auf der Wiese. Daraus wurden vor Ostern in der Bäckerei Bofinger in der Bauernstraße Zuckerhasen gegossen – die ganze Familie, inklusive der Kinder, musste mithelfen. Bis vor wenigen Jahren war der Laden in Betrieb, der im Sommer 1960 in Ditzingen eröffnet worden war, und der am Anfang eine Bäckerei, eine öffentliche Telefonzelle und ein Tante-Emma-Laden war. Alles unter einem Dach.

Geschichten gefragt

Solche Geschichten sind es, die Nina Hofmann interessieren. Deshalb möchte sie nicht so sehr gern die vierzehnte Bettflasche aus Kupfer oder die sechs Ackerhacke haben. Obwohl: „Wenn unsere fünf Hacken im Depot ohne jede Beschreibung sind und zur sechsten eine komplette Geschichte dazukommt, dann ist die sechste viel wertvoller“, erläutert die Museumsleiterin das konstruierte Beispiel.

Einen echten Bezug sollten die Dinge, die die Einwohner anbieten, zu Ditzingen oder einem Stadtteil haben. Sie habe kein „Traum-Ausstellungsstück“ im Kopf, sagt die 45-Jährige. „Ich bin offen für alles aus der Alltagskultur.“ Die Geschichten der Objekte könnten publiziert werden, bei Ausstellungsführungen, in Büchern, Prospekten und beispielsweise bei „Museum unterwegs“. Nun ist Hofmann gespannt, wie voll der Ausstellungsraum zum Ende der „Museumsschätze“ Anfang April ist.

Die Ausstellung

Die Ausstellung „Sammlungsschätze“ im Stadtmuseum Ditzingen, Am Laien 5, wird an diesem Freitag, 24. November 2017, um 19 Uhr eröffnet. Sie geht bis zum 8. April 2018. Geöffnet ist immer dienstags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr.

Die Museumsleiterin Nina Hofmann ist erreichbar unter Telefon 0 71 56/164-308 oder per E-Mail an museum@ditzingen.de. Angebote für Schenkungen können auch mit Postkarten übermittelt werden, die in der Ausstellung ausliegen.