Einblicke in die Lokalgeschichte: Für eine Ausstellung im Backnanger Helferhaus auf dem Stiftshof hat der Fotograf Peter Wolf Bilder, Skizzen und Baupläne von einstigen Hotels in Backnang zusammengetragen. Der Mann hat ein paar skurrile Anekdoten auf Lager.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Der Oberkellner des einstigen Backnanger Hotels Post in der Wassergasse hat gerne feixend erzählt, dass seine Gattin die einzige Frau in der Stadt sei, die selbst im Hochsommer mit einem Wintermantel ins Bett gehe. Dann erklärte der Mann, der das Hotel später übernommen hatte: „Gestatten, mein Name ist Wintermantel, Emil Wintermantel.“

 

Anekdoten wie diese erzählt Peter Wolf den Besuchern der kleinen Ausstellung „Backnanger Hotels“, die zurzeit im Kabinett im Helferhaus auf dem Stiftshof gezeigt wird. Wolf ist Mitglied im Heimat- und Kunstverein, der die Räume im Helferhaus bespielt. Der 60-jährige Fotograf hat jetzt für seine 20. Ausstellung alte Bilder, Skizzen und Baupläne von einstigen Hotels in Backnang zusammengetragen. Ein „guter Lieferant“ für solche Fotoausstellungen sei der Postkartensammler Daniel Waack, sagt Wolf – und nimmt seine Gäste im Kabinett mit auf eine Zeitreise in die lokale Hotelhistorie.

1921 wurde das Bahnhotel zu einem Politikum

Neben dem Hotel Post gab es anno dazumal in der aufstrebenden Murrstadt noch das Hotel Holzwarth und das Bahnhofshotel. Alle drei indes sind längst geschlossen worden, also in der Tat nur noch Geschichte.

Die Keimzelle des Bahnhofshotels war eine Kegelbahn, die in den 1830er Jahren auf freiem Feld gebaut worden ist. Die Einrichtung erfreute sich offenbar größerer Beliebtheit. Wenig später jedenfalls kamen zunächst eine Gartenwirtschaft und dann ein Saal hinzu. Im Jahr 1901, hat Wolf recherchiert, sei dann auf dem Areal neben der Kegelbahn das Hotel eröffnet worden, das offenkundig schnell zu einer der ersten Adressen in Backnang wurde.

1921 wurde das beliebte Hotel dann auch noch zu einem wahren Politikum in dem Städtchen. Peter Wolf erzählt, die Pächterin habe damals die Miete für den vom Liederkranz genutzten Saal drastisch erhöhen wollen. Daraufhin habe der Lederfabrikant Fritz Schweizer, der langjährige Vorsitzende des Vereins, über Strohmänner das Hotel flugs gekauft. So sicherte er die künftige Nutzung des Raumes für seinen Liederkranz. Ein später gebauter Saalanbau trug fortan Schweizers Namen.

Ein Sieben-Gänge-Menü aufgetischt

Bis wann genau in dem Gebäude tatsächlich ein Hotel betrieben wurde, das sei nicht ganz klar, sagt Wolf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zunächst von den amerikanischen Besatzern genutzt und später von der Stadt erworben. Seit Mitte der 1980er Jahre ist das generalsanierte, erweiterte und komplett umgestaltete Gebäude Ort für Veranstaltungen aller Art. Lange hieß das Kulturzentrum noch Bürgerhaus Bahnhofshotel, mittlerweile firmiert es als Backnanger Bürgerhaus. Speisen können die Gäste nach wie vor gut im einstigen Bahnhofshotel. Doch kaum jemand wird heute noch tafeln wie in den Jahren nach der Eröffnung.

In der Ausstellung, die noch bis zum 19. März gezeigt wird, ist eine durchaus beeindruckende Speisekarte zu sehen. Anlässlich der Vermählung der Backnanger Fabrikantentochter Elise Kaess hatte die Küche des Hotels 1902 zunächst ein Sieben-Gänge-Menü aufgetischt und dann am Abend noch mal drei Gänge. Serviert wurden unter anderem Forellen, Roastbeef, Omeletts, Gänsebraten, Rehbraten, Kaffee, Obst und Kuchen. Der Backnanger Lederfabrikant Carl Kaess, sagt der Vorsitzende des Heimat- und Kunstvereins, Ernst Hövelborn, sei damals halt einer der reichsten Männer in Württemberg gewesen.