Das Stadtarchiv Leinfelden-Echterdingen ermöglicht mit einer großen Ausstellung den lokalen und den überregionalen Blick auf den Ersten Weltkrieg.

Leinfelden-Echterdingen - Frieder Riedel ist überzeugt: Die Ausstellung „Gegen das Vergessen“ im Stadtmuseum (28. September bis 25. Januar) und im Stadtarchiv (12. Oktober bis 18. Januar) zum Ersten Weltkrieg ist nicht irgendeine Präsentation, wie sie vielerorts im Land zum Gedenken an den 100. Jahrestag des Ausbruch der Urkatastrophe des vergangenen Jahrhunderts gezeigt wird. Der Echterdinger Weltkriegsexperte stellt sie auf eine Stufe mit der Schau, die bereits im Haus der Geschichte in der Landeshauptstadt zu sehen ist.

 

Diese „größte Ausstellung, die bislang in der Stadt stattgefunden hat“ (Riedel) wartet mit mindestens zwei für Historiker bemerkenswerten Details auf: Gezeigt werden erstmals zwei Bilder, die sogenannte Vergeltungsfranzosen – ausgesuchte französische Kriegsgefangene aus der Oberschicht – beim Ausheben eines deutschen Schützengrabens darstellen; ein Verstoß gegen das Kriegsrecht. Außerdem sei der Nachweis gelungen, dass es bereits 1915 zu Deportationen französischer Bürger gekommen ist. „Dass es solche Fälle vor 1916 gegeben hat, war bislang nicht bekannt“, sagt Riedel, der vor sechs Jahren mit der Foto-Ausstellung „Das Gesicht des Krieges“ des Echterdinger Artillerieleutnants Armin Stäbler sogar bundesweit Schlagzeilen machte.

1916 waren Spielkarten kriegswichtig

Zu der auf zwei Standorte verteilten Ausstellung, in der neben mehr als 300 zum Teil bislang unveröffentlichten Fotos auch Feldpostbriefe, Postkarten und andere Gegenstände zu sehen sein werden, gehören nun auch mehrere Vitrinen, die vom Spielkartenarchiv bestückt werden. „Das gibt dem Ganzen eine neue Dimension“, sagt der Leiter des Stadtarchivs, Bernd Klagholz. Die Leiterin des Spielkartenarchivs, Annette Köger, hat recherchiert, dass die Spielkartenproduktion um das Jahr 1910 herum stagnierte. „Mit Kriegsausbruch hat sich das Blatt gewendet“, sagt sie. „Seit 1916 galten Spielkarten als kriegswichtig.“ Gezeigt werden im Stadtmuseum neben Kriegsspielkarten, die Millionenauflagen erreichten, auch Feldpostkarten von Otto Pech, besser bekannt als Erfinder des Schwarzer-Peter-Spiels unter dem Künstlernamen Pix.

Bürger aus der Stadt haben wesentlich zur Ausstellung beigetragen, indem sie dem Stadtarchiv nach einem Aufruf unter anderem in der Filder-Zeitung zahlreiche persönliche Erinnerungsstücke dauerhaft oder als Leihgabe überließen. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Leute noch so viele Sachen im Keller oder auf dem Speicher haben“, freut sich Klagholz. Wichtig ist dem zuständigen Bürgermeister Alexander Ludwig, dass „das alltägliche Grauen des Krieges in unser Bewusstsein gerufen wird“. Mit der Ausstellung wolle man, so Ludwig, auch an die 220 Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus den Stadtteilen von Leinfelden-Echterdingen erinnern.