Frank Bedarf hat im Juni einer Frau das Leben gerettet, die von ihrem eigenen Hund fast totgebissen wurde. Der Retter bekommt jetzt die Auszeichnung „Helfer in Not“.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Immer samstags bricht Frank Bedarf mit seinem Labrador Santino nach dem Frühstück zum großen Spaziergang auf. „Da freue ich mich richtig drauf“, sagt Bedarf. An jenem 14. Juni, einem strahlend schönen Tag, wurde der sonst so gemütliche Rundgang in der Nähe von Schloss Solitude zum Horrorerlebnis. Für sein beherztes Eingreifen, mit dem er an jenem Vormittag einer Frau das Leben gerettet hat, bekommt Bedarf die städtische Auszeichnung „Helfer in Not“ verliehen.

 

„Ich war mit Santino unterwegs, als ich Hilfeschreie einer Frau hörte“, berichtet der 41-jährige IT-Fachmann. Die Schreie kamen aus dem Bereich des unteren Parkplatzes an der Bergheimer Steige. „Ich dachte an einen Überfall oder eine Vergewaltigung“, erinnert sich Bedarf. Dass er sofort zur Hilfe eilen müsse, war für ihn überhaupt keine Frage. Erst zwei Tage zuvor hatte ihm der Arzt erlaubt, wieder normale Schuhe zu tragen, denn einige Wochen zuvor war er an der Achillesferse operiert worden. „Quer durch den Wald zu laufen, habe ich mich deshalb nicht getraut. Das Gelände ist dort abschüssig und dann hatte ich ja noch Santino dabei“, erzählt der Vater zweier Söhne. Also hasteten Herr und Hund rund 200 Meter weiter.

„Der Hund ist immer wieder auf sie losgegangen“

Statt eines Angreifers erblickte Bedarf auf einer Wiese an der Steige eine Frau, die sich über ihren Hund beugte. Sie wollte das Tier, das zugebissen hatte, beruhigen. Bedarf sah wie sie dann stürzte und der weiße Bullterrier sich in ihre Arme und Beine verbiss „Er ist immer wieder auf sie los“, erzählt Bedarf. Den eigenen Hund band er an einen Baum und griff sich einen stattlichen Ast, um den Kampfhund abzuwehren. „Ich habe ihn mit dem Stock immer wieder von der Frau weggepuffert. Aber er hat das alles gar nicht so richtig wahrgenommen“, sagt Bedarf. Das Tier sei wie im Blutrausch gewesen. Die Frau am Boden war an Armen und Beinen schwer verletzt.

Schließlich positionierte sich der blutverschmierte weiße Hund am Kopf der bewegungsunfähig am Boden liegenden Frau. „Ich hatte Angst, dass er mich auch angreift“, sagt er. Der 41-jährige griff nach dem Ende der Schleppleine, die der Bullterrier an seinem Geschirr trug und Bedarf zerrte das Tier zu einem Baum. Dort wickelte er die zehn Meter lange Leine zweimal eng um den Stamm und fixierte den Hund auf diese Weise dicht am Baum. Allerdings konnte Bedarf sich jetzt auch selbst nicht mehr weggebewegen, weil er ja die Leine festhalten musste.

Frauchen trainierte den Hund für den Wesenstest

Mit der anderen Hand griff er sein Handy und setzte einen Notruf ab. In der Zwischenzeit konnte er eine Spaziergängerin herbeirufen, die sich um die schwer verletzte Frau kümmerte, bis der Notarzt eintraf. Wie sich später herausstellte war die Kampfhundbesitzerin Bedarf schon ein paarmal beim Gassi-Gehen begegnet. Der Bullterrier habe stets einen Maulkorb getragen. „Ich hatte den Eindruck, dass sie ihn im Griff hat“, erzählt der „Helfer in Not“. An jenem Samstag wollte die Besitzerin mit dem Tier für den Wesenstest trainieren. Dabei hatte sich der Maulkorb gelöst. Er wurde später im Gras gefunden.

Zum Opfer hat Bedarf noch immer Kontakt. Die Frau sei wegen der schweren Verletzungen bis heute gehandicapt. Der Bullterrier wurde zwei Tage nach dem Angriff eingeschläfert. Selbst der behäbige 41 Kilo schwere Santino hat das Erlebnis noch immer nicht verkraftet. Seit dem Vorfall versteckt er sich hinter seinen Besitzern, wenn ihm ein unbekannter Hund begegnet, und sogar am Beschnüffeln hat er die Lust verloren.

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