Der ausgeschiedene Grünen-Bezirksbeirat Bernd Volkert hat die Landesehrennadel bekommen. Der Kaltentaler war 26 Jahre für das Gremium tätig. Hauptberuflich arbeitet er im Umweltministerium für Franz Untersteller, nebenbei ist er Hausmeister in der Leonhardskrippe.

S-Süd - Diskussionen über Gott und die Welt mit einem Freund führten ihn in die Politik, die Abneigung gegenüber konservativen Weltbildern der Elterngeneration zu den Grünen und der Zufall in den Bezirksbeirat. Im Jahr 1988 zog Bernd Volkert in das Gremium ein, nun ist er aus ihm ausgeschieden. Für sein mehr als ein Vierteljahrhundert dauerndes ehrenamtliches Engagement hat der Kaltentaler die Ehrennadel des Landes bekommen. „Ich war nicht der Allerfleißigste, aber ein kleines, sich beständig drehendes Rädchen im grünen Getriebe“, sagt er.

 

Man kann beileibe nicht behaupten, hinter Bernd Volkert lägen unbewegte Zeiten mit einer geradlinigen Entwicklung. Allein die Berufe, die der heute 55-Jährige ausgeübt hat, belegen das. Der einstige Kabellöter in der Fernmeldemeisterei der Deutschen Bundesbahn schaffte im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, landete in der Lasergrundlagenforschung des Instituts für technische Physik, übernahm im Jahr 2000 das Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Rezzo Schlauch und kümmerte sich um die Pressearbeit bei Fraunhofer IPA. Heute arbeitet er für Umweltminister Franz Untersteller – wenn nicht gerade Freitag ist und er seinem Zweitjob nachgeht: Hausmeister in der Leonhardskrippe – „mit Spielpflicht“, wie er lächelnd anmerkt.

Der Täufling des Bezirksvorstehers

Es ist also durchaus bemerkenswert, dass es in diesem Leben auch eine Konstante gab, die Arbeit im Bezirksbeirat. Doch Bernd Volkert wäre nicht Bernd Volkert, wenn auch diese Geschichte nicht mit einer gewissen Kuriosität verbunden wäre. Eigentlich schlug sein Herz seit jeher für die Sozialdemokraten, lediglich deren hierarchisch aufgebaute Parteistruktur störte ihn. Dennoch: als er 1988 in Heslach erstmals an einer Ortsverbandssitzung der Grünen teilnahm, tat er das nur als Begleiter einer Freundin. Doch weil Kommunalwahlen bevorstanden, fragten sie den Neuen gleich einmal, ob er sich nicht vorstellen könne zu kandidieren. Eine Parteimitgliedschaft sei keine Voraussetzung. Volkert dachte kurz darüber nach, sagte zu – und saß bald darauf im Bezirksbeirat neben dem Mann, der ihn 29 Jahre zuvor getauft hatte: Siegfried Bassler, der Bezirksvorsteher, der einst drei Monate vor Volkerts Geburt den Pfarrdienst in dessen Heimatort Waldbach bei Bretzfeld im Hohenlohekreis angetreten hatte.

In Volkerts Anfangszeit war der Heslacher Tunnel noch nicht eröffnet. Durchs Herz des Stadtteils, in dem er damals wohnte, schlängelte sich eine stets verstopfte mehrspurige Straße Richtung Schattenring. Die Abgase verpesteten die Luft und verunreinigten Häuser, deren Qualität erst zutage trat, als die Autos weg waren. Der Denkmal- und Ensembleschutz ist in der Folgezeit eines von Volkerts Steckenpferden geworden. „Leider waren die Nachkriegsstadträte beim Zerstören der Stadt ähnlich erfolgreich wie die Alliierten zuvor“, sagt er.

Ein Jahr nach dem Einzug in den Bezirksbeirat wurde er auch Mitglied bei den Grünen, zahlreiche Klausurtagungen in Oberhessen mit Übernachtungen im Stroh sind ihm in Erinnerung geblieben.

Einmal Kaltental, immer Kaltental

Die Konfrontation mit Themen wie den sprichwörtlichen klappernden Kanaldeckeln waren ein krasser Gegensatz zu den Auseinandersetzungen auf Bundes- und Landesebene, in die er durch seinen Beruf permanent involviert war. Sie scheinen ihn aber auch geerdet zu haben. In jedem Fall haben sie seine Verbindung zum Süden gestärkt. In Kaltental, wo es ihn 1996 hinzog, wollte er eigentlich nur ein halbes Jahr bleiben. Inzwischen kann er sich nicht mehr vorstellen, den Flecken zu verlassen.

Dass seine Arbeit im Bezirksbeirat nach der vergangenen Legislaturperiode endete, hängt mit einem Schlaganfall zusammen, der ihn vor vier Jahren aus der Bahn warf, von dem er sich aber wieder berappelt hat. Bei der Übergabe der Ehrennadel bedankte er sich bei den ehemaligen Mitstreitern aller Fraktionen für die gute Zusammenarbeit, die nichts mehr gemein habe mit den alten ideologischen Grabenkämpfen zu Beginn seiner Karriere.

Viele grüne Themen, die Politiker anderer Parteien früher nur hinter vorgehaltener Hand begrüßt hätten, sind salonfähig geworden. Beim Blick zurück wird die Zeit besonders greifbar. „Es ist schon erstaunlich“, sagt Bernd Volkert. „Da gehst du als junger Kerl in den Bezirksbeirat rein und kommst als alter Mann wieder raus.“