Der größte Fiesling in der deutschsprachigen Literatur dieses Jahres kommt aus einem Ordnungsamt. Für seinen bösen Herr Sträuber im Roman „Das leise Kratzen in der letzten Rille“erhielt der Autor Johannes Finkbeiner erhielt nun den Samiel-Award.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Der größte Fiesling in der deutschsprachigen Literatur dieses Jahres kommt aus einem Ordnungsamt. Herr Sträuber vergällt dem hedonistischen Helden in Johannes Finkbeiners skurril kafkaesken Roman „Das leise Kratzen in der letzten Rille“ gehörig den Urlaub in Begleitung seiner sprechenden Tiere und seiner Partnerin. Autor Finkbeiner erhielt dafür am Donnerstagabend den mit 666 Euro dotierten Samiel-Award. Der Maler und Drehbuchautor Albrecht Behmel sowie der Publizist Marc Hiller haben den Schurkenpreis initiiert und ihn in der Buchhandlung Osiander zum zweiten Mal verliehen.

 

Jeder Held braucht einen Schurken

„Uns ist aufgefallen, dass es bei den vielen Literaturpreisen immer um das Genre oder die Autoren geht. Es gab aber keine Auszeichnung, die sich um das handwerkliche beim Schreiben kümmert“, erklärt Behmel das Neuartige. „Wir verraten damit das wichtigste Geheimnis, das ein Autor hat“, sagt er grinsend. Jeder Held wird erst durch den Schurken, der ihm gegenübersteht zum Helden, erklärt er: „Rotkäppchen braucht den bösen Wolf.“ Namensgeber für den Samiel ist der Bösewicht in Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“. Dort tritt der Teufel als schwarzer Jäger Samiel in Erscheinung.

Der Autor arbeitet als Deutschlehrer in Südfrankreich

Finkbeiners Roman spielt nicht in einer Fantasy-Parallelwelt auch nicht in fernen Universen, sondern auf einem Schiff. „Die Basis für den Roman habe ich schon während meiner Studentenzeit gelegt“, sagt der 36-jährige, der in Ditzingen aufwuchs. Ausgearbeitet hat er seine „Absurditäten aus dem Leben eines Taugenichts“ – so der Untertitel des Romans, in den vergangenen Jahren unter der südfranzösischen Sonne. Seine Brötchen verdient Finkbeiner als Deutschlehrer in der Nähe von Marseille.

Seine frühere Tätigkeit als Übersetzer von Romanen sei eine gute Übung gewesen, sagt er. „Obwohl das keine große Literatur war.“ Er selbst schätzt vor allem die Werke von Daniel Kehlmann und Boris Vian.