Auf den Autobahnen um Stuttgart sind nur wenige Falschfahrer unterwegs. Als Konsequenz aus dem Unfall will das Land weiße Pfeile auf die Fahrbahnen der Autobahnzufahrten auftragen lassen.

Stuttgart - Noch ist völlig unklar, warum ein 20-Jähriger am Sonntag als Geisterfahrer auf der Autobahn 5 unterwegs war und frontal mit einem Minivan zusammenstieß. Sechs Menschen fanden dabei den Tod. Tatsache ist, dass zu dieser Zeit dichter Nebel herrschte.

 

Die Witterung war wahrscheinlich auch dafür verantwortlich, dass ein Lastwagenfahrer am frühen Montagmorgen als Geisterfahrer auf der Bundesstraße 464 im Kreis Böblingen unterwegs war. Doch auch wenn es zur Zeit nicht danach aussieht: Falschfahrer sind auf den Autobahnen rund um Stuttgart sowie auch in ganz Deutschland zum Glück ein seltenes Phänomen.

Bundesweit verursachen Geisterfahrer nach Angaben des Auto Club Europa (ACE) gerade einmal drei Prozent der tödlichen Unfälle auf Autobahnen. Jährlich werden in ganz Deutschland etwa 2800 Fälle von Geisterfahrten gemeldet, davon finden 2000 auf Autobahnen statt.

Schwerpunkte auf den Autobahnen rund um Stuttgart sind übrigens keine auszumachen: "Es gibt keine expliziten Stellen, an denen es immer wieder passiert, dass Falschfahrer unterwegs sind", sagt ein Sprecher der Polizeidirektion Böblingen.

Wenn der Polizei dann doch Geisterfahrer gemeldet werden, dann sind diese meist schon wieder auf der richtigen Spur, bis die Polizei an Ort und Stelle ist. "Anders als auf der A 5 liegen zum Beispiel auf der A81 die Ausfahrten meist nur wenige Kilometer auseinander. Deswegen sind Falschfahrer meist nicht sehr lange unterwegs", so der Polizeisprecher.

Vielfältige Gründe für Geisterfahrten

Warum es immer wieder Autofahrer gibt, die die Orientierung verlieren - das kann er nur vermuten. Der Nebel zählt natürlich dazu. Manchmal sind es auch sehr betagte Autofahrer, die falsch abbiegen.

"Und oft liegt es auch an der mangelnden Aufmerksamkeit", so der Polizeisprecher. Viele Autofahrer würden sich zu sehr auf die Helfer und Systeme des Autos verlassen, seien unkonzentriert und würden sich mehr auf den CD-Player oder den Mitfahrer konzentrieren als auf das Steuer.

Das führt dazu, dass dann auch ab und zu in der Region Stuttgart schwere Unfälle durch Geisterfahrer verursacht werden: 2011 raste zum Beispiel ein 64-Jähriger bei Ludwigsburg in andere Autos, 2008 kam ein Geisterfahrer bei Ehningen ums Leben.

Keine Patentrezepte für die Prävention - Land möchte Pfeile an Zufahrten auftragen

Nach Auskunft des ACE gibt es keine Patentrezepte, wie Geisterfahrten verhindert werden können. Bewährt hätte sich wohl die beschleunigte Kommunikation, bei der beispielsweise der Verkehrsfunk Radiosendungen unterbricht und vor Falschfahrern warnt.

Das Land Baden-Württemberg möchte als Konsequenz aus dem verheerenden Unfall weiße Pfeile auf den Fahrbahnen der Autobahnab- und auffahrten im Südwesten auftragen lassen. Nach Mitteilung des Verkehrsministeriums vom Montag sollen dadurch potenzielle Falschfahrer gewarnt werden.

„Diese Maßnahme soll in den nächsten sechs Monaten umgesetzt werden“, sagte eine Sprecherin von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Auf einigen wenigen Zufahrten existierten diese Pfeile bereits.

In Baden-Württemberg seien die Autobahnauffahrten bereits seit Jahren mit einer doppelten Beschilderung „Einfahrt verboten“ ausgestattet, sagte die Sprecherin. Der Verkehrsminister habe zudem angeordnet, dass bis Ende des Monats überprüft werden soll, ob diese doppelten Beschilderungen auch überall dort sind, wo sie sein sollten.

In Österreich und vereinzelt auch in Bayern werden an manchen Stellen gelb-neon reflektierende Tafeln mit einem Handsymbol aufgestellt. Diese Schilder sollen vor Falschfahrten warnen.

Diskutiert werden auch Fahrerassistenzsysteme. So könnten im kommenden Jahr ein Geisterfahrer-Warnsystem, das von Siemens VDO in Regensburg entwickelt wurde, in Serie gehen.

Bislang hätten sich aber wenige Autohersteller für das Assistenzsystem interessiert, sagte am Montag eine Sprecherin der Automotive Group der Continental AG in Frankfurt.

Dabei erkennt eine an der Rückseite des Innenspiegels angebrachte Kamera das Verkehrszeichen „Verbot der Einfahrt“. Mit Hilfe eines optischen oder akustischen Signals wird der Fahrer auf das Versehen hingewiesen.

Ein abruptes Abbremsen des Fahrzeuges werde es aber nicht geben, betonte die Sprecherin. Das sei ein zu starker Eingriff in das Fahrgeschehen. Zudem könnte es Probleme bei Baustellen auf Autobahnen geben, wenn der Verkehr über die Gegenfahrbahn geführt wird.

Krallen in der Fahrbahn hält der ACE dagegen für unangemessen. Dazu müssten alle rund 2000 Autobahnauffahrten umgerüstet werden. Hinzu kämen noch die Raststättenauffahrten.

Aufwand und Nutzen steht laut ACE in keinem vernünftigen Verhältnis, denn die Krallen würden einen vorsätzlichen Geisterfahrer nicht aufhalten. „Der nimmt sich dann die Bundesstraße.“ Außerdem würden durch Krallen Feuerwehr und Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindert.

Ruhig bleiben, nicht überholen: Richtiges Verhalten gegenüber Geisterfahrern

Kommt einem ein Geisterfahrer entgegen, sollte man auf jeden Fall nicht überholen, ruhig bleiben und sich rechts halten.

"Außerdem sollte man sein Tempo reduzieren, damit man sein Auto auch kontrollieren kann, wenn es zu einem Ausweichmanöver kommt", so ein Pressesprecher der Böblinger Polizei. Es empfiehlt sich auch, auf die Verkehrsmeldungen zu hören.

Sehr dankbar sind die Beamten der Autobahnpolizei über Angaben, wo genau sich der Falschfahrer befindet. An der Autobahn stehen zum Beispiel in regelmäßigen Abständen kleine Schilder mit Kilometerangaben. Diese sollten an die Polizei weitergegeben werden.