Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält die umstrittene Kaufprämie für E-Autos in Höhe von 5000 Euro für richtig. Seine Meinung zu Hybrid-Autos mit Benzin- und E-Motor ist klar und deutlich.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart – - Bis 2020 sollen nach dem Willen der Bundesregierung eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Dieses ambitionierte Ziel ist kaum noch erreichbar. Doch die Einführung einer staatlichen Kaufprämie von 5000 Euro je Auto ist in der Koalition umstritten. Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut ist grundsätzlich für eine Prämie, will aber Hybridautos, die sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor haben, von der Förderung ausschließen.

 
Herr Dudenhöffer, die deutschen Autobauer haben 2015 zig Milliarden Euro verdient. Trotzdem fordern sie Subventionen für Elektroautos. Wie passt das zusammen?
Das Argument, dass sich die Autoindustrie die Taschen vollstopfen will, ist Unsinn. Die Zuschüsse für E-Autos sollen ja nicht an die Hersteller gehen, sondern an die Kunden. Fakt ist, dass die Autobauer mit Elektroautos viel Geld verlieren. BMW hat rund zwei Milliarden Euro in den i3 investiert und bis jetzt um die 30 000 Stück verkauft. Das ist weit entfernt von jeder Wirtschaftlichkeit. Eine Kaufprämie von 5000 Euro könnte den Absatz zumindest etwas steigern.
Wozu braucht der Käufer eines Porsche Panamera Plug-in-Hybrid für 100 000 Euro noch 5000 Euro vom Steuerzahler? Die gleiche Summe könnte er durch den Verzicht auf ein paar Extras einsparen. Und umweltfreundlich ist so ein Auto nur auf dem Papier.
Deshalb bin ich für eine Konzentration der Kaufhilfen auf reine Elektroautos. Wenn ein Plug-in-Hybrid gerade mal 30 Kilometer elektrisch fährt, riecht das nach Mogelpackung. Können Sie sich einen Porsche-Panamera-Fahrer vorstellen, der sich wegen 30 Kilometern Elektrofahrt jedes Mal an eine Ladesäule stellt? Der wird seinen Akku in den meisten Fällen mit Hilfe des Benzinmotors aufladen. Diese Fehlentwicklung sollte man durch Subventionen nicht verstärken.
Der Tesla Modell S ist zwar ein reines Elektroauto, aber auch er liegt in einer Preisklasse, in der die Käufer bestimmt nicht auf 5000 Euro vom Staat angewiesen sind.
Die Alternative ist, dass der Kunde sich einen Benziner oder Diesel kauft und die Umwelt zusätzlich mit Feinstaub und Stickoxiden belastet. Oder man gibt ihm 5000 Euro zu einem Elektroauto dazu – und tut so etwas für die Luftqualität in Stuttgart und anderen Großstädten. Zudem nutzt der E-Auto-Käufer die Ladeinfrastruktur, die sonst vor sich hingammelt. Eine Kaufprämie für echte Elektroautos hätte einen hohen gesellschaftlichen Nutzen. Auch andere Länder wie Norwegen oder die Niederlande zahlen hohe Zuschüsse, obwohl die nicht mal eine eigene Autoindustrie haben, die davon profitieren könnte.
Wie viele zusätzliche Stromer könnten mit einer Prämie hierzulande verkauft werden?
Durch eine Prämie würden nicht Millionen zusätzlicher E-Autos verkauft – aber doch deutlich mehr. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 12 000 reine Elektro-Pkws abgesetzt, darunter waren 3600 Kia Soul, die von den Händlern selbst zugelassen wurden und vor allem in den Export gingen. Mit einer Prämie kämen wir vielleicht auf 20 000 oder 25 000 Neuzulassungen. Die Kosten lägen bei 200 bis maximal 400 Millionen Euro, je nachdem wie lange das Programm laufen würde.
Kritiker sehen in den E-Autos ein ökologisches Feigenblatt, mit dem die Autobauer die durchschnittlichen Emissionen ihrer Fahrzeugflotte drücken und Strafzahlungen vermeiden wollen. Dazu sollen Stromer bei der Berechnung der Flotten-Emissionswerte mehrfach gezählt werden.
Über diese sogenannten Supercredits ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Sie sollen zudem nur für einen begrenzten Zeitraum gelten.
Auch die CO2-Einsparung durch Elektroautos ist beim derzeitigen Strommix vergleichsweise gering.
Auch das stimmt. Trotz alledem halte ich es für richtig, die lokale Luftverschmutzung in den Städten durch die Förderung echter Elektromobilität zu verringern. Generell sollte man die Subventionen dort konzentrieren, wo der Nutzen am größten ist. Wenn das juristisch möglich wäre, sollte es für Elektroautos, die etwa in Stuttgart zugelassen werden, eine höhere Förderung geben als im Hochschwarzwald. Ich gebe zu, dass das in der Praxis nicht einfach ist. Sinnvoll wäre auch, wenn der Staat mehr in die Ladeinfrastruktur investieren würde.
Das würde zumindest besser in eine Marktwirtschaft passen als direkte Subventionen.
Subventionen passen in der Tat nicht in eine Marktwirtschaft. Das Problem ist nur, dass es bereits eine massive Subvention für Diesel gibt, weil die Mineralölsteuer pro Liter 18 Cent niedriger liegt als bei Benzin. Unser Energiepreissystem ist politisch vermurkst, das ist das eigentliche Problem.
Halten sich die Steuerprivilegien für Dieselkraftstoff nicht auch deshalb so hartnäckig, weil Autohersteller und Zulieferer ständig darauf hinweisen, wie wichtig der Diesel für den Standort Deutschland sei?
Ich muss doch als Politiker nicht immer nur das tun, was die Industrie will. Tatsache ist, dass der niedrige Dieselpreis eine massive Wettbewerbsverzerrung zu Lasten anderer Antriebstechnologien darstellt. Solange sich keiner an die Dieselsteuer herantraut, kann man diese Verzerrung nur ausgleichen, indem man an anderer Stelle – nämlich bei den E-Autos – eine neue Subvention einführt.
Das ist doch absurd!
Natürlich, aber in dem verfahrenen System, das wir mittlerweile haben, wäre eine Kaufprämie immer noch das kleinste Übel.
Geht es nicht auch um knallharte Industriepolitik?
Es geht darum, den Firmen den Übergang zu erleichtern. Wenn wir nicht mehr für den Absatz von E-Autos tun, werden wir sie in ein paar Jahren aus China importieren. Spätestens 2020 werden auch die deutschen Autobauer Elektroautos anbieten, die mit Tesla konkurrieren können – etwa bei der Reichweite. Bis dahin könnte eine Prämie helfen, den Markt zu entwickeln. Wer schon Erfahrungen mit so einem Fahrzeug hat, wird sich beim nächsten Autokauf eher auf die neue Technik einlassen.