Sauber, billiger, wenig Aufwand: Das Umrüsten auf Autogas lohnt sich nicht nur wegen der hohen Benzinpreise. Trotzdem haben unter den rund 300.000 in Stuttgart zugelassenen Fahrzeugen gerade mal 1395 einen Autogastank.

Stuttgart - Egon Döll gibt Gas – im wahrsten Sinn des Wortes. Wenn er aufs Pedal drückt, wird der Motor seines Honda Civic mit Autogas statt mit Superbenzin gefüttert. „Damit bin ich schon mehr als 6000 Kilometer ohne Probleme unterwegs“, sagt Döll, der als Chauffeur bei einem Großkonzern arbeitet und dienstlich rund 75 000 Kilometer im Jahr zurücklegt. Der Verbrauch sei praktisch gleich geblieben, so Döll. Statt 8,5 Liter Benzin brauche sein Privatwagen nun die gleiche Menge an Gas auf 100 Kilometer. „Der Motor läuft runder und sanfter.“

 

Vor etlichen Monaten, als der Preis für den Liter Super über 1,50 Euro kletterte, war für Döll „die Schmerzgrenze überschritten“. Er ließ seinen 140 PS starken Civic beim Autogascenter in Kaltental umrüsten. „Seitdem habe ich meine Spritkosten praktisch halbiert“, erzählt er. Für ihn hat der Halt an der Tankstelle seine Schrecken verloren. Für einen vollen Tank zahle er nur noch etwa 30 Euro, weil der Liter Autogas dank großem Steuervorteil nur zwischen 75 und 80 Cent koste. Diese Vergünstigung bleibe in Deutschland mindestens bis Ende 2018 erhalten. So mancher Tankstellenbesuch dauert für Döll inzwischen allerdings etwas länger als früher. „Ich werde öfter von anderen Autofahrern, die noch Benzin tanken, nach meinen Erfahrungen gefragt“, erzählt Döll. „Ich bin sehr zufrieden.“ Inzwischen hätten auch einige seiner Bekannten ihren Wagen auf Gas umrüsten lassen.

Steigen die Benzinpreise, brummt das Autogas-Geschäft

„Hohe Benzinpreise sind gut fürs Geschäft“, sagt Hermann Warstat, der Chef im Autogascenter in Kaltental. In seiner Werkstatt rüstet er seit sechs Jahren Fahrzeuge um. „In der Woche fünf Stück, vom Dreizylinder mit 50 bis zum getunten Achtzylinder mit 700 PS.“ Fast jeder Wagen mit Benzinmotor laufe mit Autogas sehr gut.

Auf dem Hof warten neben einem Cadillac-Straßenkreuzer und einem AMG-Mercedes mit 5,5-Liter-Maschine auch etliche „normale“ Wagen auf den Umbau. „Zu uns kommen auch Leute, die sich das Benzin noch leisten könnten, wenn der Liter drei Euro und mehr kosten würde“, so Warstat.

Der Umbau kostet bei einem Vierzylinder zwischen 1600 und 2000 Euro. „Der Tank, in dem das Gas bei rund sieben bar Druck flüssig gespeichert ist, kommt entweder in die vorhandene Reserveradmulde oder in den Kofferraum“, erklärt Warstat. Und das Füllventil werde in „99 Prozent der Fälle“ hinter der Tankklappe neben dem Benzineinfüllstutzen eingebaut. Im Wagen informiere eine Leuchtanzeige, ob man mit Benzin oder Gas unterwegs sei.

Eine qualifizierte Beratung ist wichtig

„Der Umbau ist innerhalb von ein bis zwei Tagen erledigt“, erklärt Warstat. Im Motorraum müssten die Steuerelektronik, der Verdampfer und die Einblasdüsen eingebaut werden. „Die Veränderungen sind auf den ersten Blick kaum zu sehen.“ Nach dem Umbau habe der Kunde ein bivalentes Fahrzeug, weil der Benzintank erhalten bleibe. „Gestartet wird wegen der besseren Kaltlaufeigenschaften mit Benzin“, erklärt Wartstat. Die Elektronik schalte aber schon nach etwa einem Kilometer auf den preiswerteren Gasbetrieb um. Da Autogas eine geringere Dichte als Benzin habe, müsse mit einem um zehn bis 15 Prozent höheren Verbrauch gerechnet werden. „Dafür verbrennt Autogas aber wegen seiner höheren Klopffestigkeit besonders schadstoffarm.“Warstat empfiehlt jedem, sich vor einer Umrüstung ausführlich beraten zu lassen. Qualifizierte Meisterbetriebe seien bei der Handwerkskammer eingetragen und verfügten auch über die Berechtigung zur Gassystemprüfung (GSP). Eine Fachwerkstatt bestätige dem Kunden auch auf Wunsch schriftlich, dass sein Wagen umgerüstet werden könne. Andere Fachleute raten wegen der Garantie- und Gewährleistungsansprüche auch dazu, eine Gasanlage eines deutschen Importeurs einbauen zu lassen.

Autogas-Umsteiger bereuen ihre Entscheidung nicht

„Die Werkstatt sollte die Genehmigung zur Abnahme der GSP-Prüfung haben“, heißt es auch beim Zentralverband des deutschen Kfz-Gewerbes. Empfehlenswert sei, möglichst eine nach der Richtlinie ECE-R 115 zertifizierte Anlage einzubauen. Wichtig sei auch, dass der Hersteller eine Garantie auf die Gasanlage und gegen eventuell auftretende Motorschäden gebe.

Eine Aral-Umfrage hat im Frühjahr 2011 ergeben, dass 94 Prozent der Autofahrer, die auf Flüssiggas umgestiegen sind, ihre Entscheidung nicht bereuen. Der Mineralölkonzern rechnet damit, das sich die Zahl dieser Fahrzeuge bis 2015 verdoppelt.

Unter den rund 300 000 in Stuttgart zugelassenen Fahrzeugen verfügen bisher gerade einmal 1371 Personenwagen und 24 Kleinlaster über einen Autogas- und einen Benzintank. Mit Erdgas sind nur 224 Personenwagen und 31 Laster unterwegs. Damit angetriebene Fahrzeuge werden als Neuwagen gekauft, weil eine Umrüstung mit etwa 5000 Euro bei einem Gebrauchten zu teuer ist.