Bosch-Chef Volkmar Denner nennt den Diesel eine „Luftreinigungsmaschine“. Dem Konzern droht – unter anderem wegen der Diskussionen um den Diesel – in diesem Jahr ein Dämpfer.

Stuttgart - Bosch-Chef Volkmar Denner blickt ohne Euphorie auf die geschäftlichen Chancen in den nächsten Monaten. „Das wird kein ganz einfaches Jahr für uns“, sagte er. So gehen die Stuttgarter davon aus, dass die weltweite Autoproduktion lediglich um ein Produzent zunehmend wird. Allerdings: Auch im Jahr zuvor stagnierte die Produktion eher, wovon sich Bosch aber nicht bremsen ließ. Anders als damals ist jetzt jedoch der für Bosch wichtige Dieselantrieb – in diesem Bereich arbeiten alleine 50 000 Menschen – durch den VW-Skandal in die Kritik geraten, und Denner macht keinen Hehl daraus, dass er sich Sorgen um die Zukunft des Diesel macht.

 

Die internen Ermittlungen gehen weiter

Die Zahlen bei Bosch, so sagte Denner, lieferten keinen Anhaltspunkt für eine veränderte Nachfrage. Aber: „Wir können noch immer nicht final abschätzen, welche Auswirkungen die aktuelle Diskussion um den Diesel auf die weltweite Automobilproduktion und damit die Automobilindustrie hat.“ Bosch sowie die Zulieferer Conti und Delphi haben die Motorsteuerungen für die Dieselfahrzeuge von VW geliefert, deren Emissionswerte manipuliert wurden. In den USA prüft die Justiz, ob Bosch womöglich Teil einer sogenannten Verschwörung gewesen ist. Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart will wissen, ob Bosch an dem Betrug beteiligt war. Dies bestreitet der Konzern seit dem ersten Tag vehement. Bosch hat nach Denners Angaben sofort nach Bekanntwerden des VW-Skandals interne Ermittlungen eingeleitet. Über die gewonnen Erkenntnisse sowie den voraussichtlichen Abschlusstermin mochte er aber nicht sprechen. Bosch hat nach Angaben von Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer bisher keine Rückstellungen gebildet, was den Schluss zulässt, dass zumindest nichts Gravierendes zu Tage gefördert wurde.

Der Chef will Partikelfilter für Benzinmotoren

Denner moniert, dass in der Diskussion bisweilen das Schlagwort Dieselgate fällt, womit aus seiner Sicht eine ganze Antriebsart diskreditiert werde, obwohl sich ein einzelnes Unternehmen schuldig gemacht habe. Denn Denner glaubt, dass der Diesel gebraucht wird, um den Umweltschutz zu verbessern: „Nur mit dem Diesel lassen sich beispielsweise die ambitionierten CO2-Ziele der Europäischen Union erreichen.“ Die CO2-Emissionen von Dieselfahrzeugen sind geringer als die von Autos mit Benzinantrieb. Der Bosch-Chef setzt auch im Kampf gegen Feinstaub und schlechte Luftqualität in den Städten auf den Diesel. Mit Hilfe von moderner Filtertechnik kann ein Diesel laut Denner die Luft sogar von Partikeln reinigen, wie ein in Paris durchgeführter Test ergeben habe. Der Bosch-Chef: „Der Diesel ist eine Luftreinigungsmaschine.“ Um Verbrennungsmotoren so umweltfreundlich wie möglich zu machen, plädiert er nicht nur für den flächendeckenden Einsatz von SCR-Systemen für Dieselmotoren („Pipi-Kat“), sondern auch für Partikelfilter bei Benzinmotoren.

Für wirklich unabhängige Prüfungen

Mit der Diskrepanz zwischen Emissionswerten auf dem Prüfstand und im Straßenverkehr will sich Denner nicht abfinden und zeigt Verständnis für die Kritik an der bisher gängigen Praxis: „Das sind berechtigte Forderungen der Gesellschaft.“ Denner spricht sich zudem für regelmäßige Kontrollen von Serienfahrzeugen durch unabhängige Prüfinstitute – jenseits von Dekra und Tüv – aus. Das können aus seiner Sicht Umweltorganisationen, aber auch neue Institutionen sein.

Im abgelaufenen Jahr ist der Umsatz aufgrund der vollständigen Einbeziehung von Bosch Siemens Hausgeräte und von ZF Lenksysteme (jetzt: Robert Bosch Automotive Steering) um etwa 22 Milliarden Euro auf 70,6 Milliarden Euro gestiegen. Auf die beiden Akquisitionen entfielen ungefähr 16 Milliarden Euro; vergleichbar gerechnet ergibt sich ein Wachstum von 9,9 Prozent. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen erreichte 5,0 (Vorjahr: 3,7) Milliarden Euro .

Per Jahresende 2015 beschäftigte Bosch 375 000 Menschen. Das waren vergleichbar gerechnet 17 600 Männer und Frauen mehr als ein Jahr zuvor. Auch in Deutschland nahm die Beschäftigung um 3600 Mitarbeiter auf 132 000 Menschen zu. In diesem Jahr soll die Beschäftigung hierzulande stabil bleiben. Personalchef Christoph Kübel kann sich sogar vorstellen, dass am Ende des Jahres ein Plus zu Buche steht.