Seit die Terrorzelle mit dem selbst gewählten Kürzel NSU täglich in allen Medien zu finden ist, geraten Anhänger des gleichnamigen Automobil- und Motorradherstellers aus Neckarsulm mitunter in ein schiefes Licht.

Böblingen - „Wir wollen nicht in die terroristische Ecke gedrängt werden“, sagt Ingrid Ohlhausen, Schriftführerin des NSU Prinz Club Schwaben. Doch seit die Terrorzelle mit dem selbst gewählten Kürzel NSU täglich in allen Medien zu finden ist, geraten Anhänger des gleichnamigen Automobil- und Motorradherstellers aus Neckarsulm mitunter in ein schiefes Licht. „Wegen meiner NSU-Fahne in der Garage wurde ich bereits gefragt, ob ich rechtsradikal sei“, berichtet der Besitzer einer Pension aus dem Schwarzwald.

 

Wer sagt, er komme „von seinen NSU-Freunden“ wird allenfalls von älteren Autofreunden nicht misstrauisch angeschaut. Mit dem NSU-Wappen versehene schwarze Kappen werden von den Clubmitgliedern nicht mehr getragen. Einer gibt zu: „Ich parke meinen NSU Prinz nicht mehr unbeaufsichtigt auf der Straße.“ Bedrückt registrieren Clubfreunde, dass Nürnberg an städtischen Fahrzeugen das Kfz-Kennzeichen N – SU ändern lässt und Zulassungsstellen die Buchstabenkombination nicht mehr ausgeben.

Zu der laut NSU Prinz Club Schwaben ersten Protestveranstaltung gegen den Missbrauch der seit mehr als hundert Jahren eingebürgerten Bedeutung der drei Buchstaben haben sich am Mittwoch gut 20 NSU-Fahrer vor dem Meilenwerk in Böblingen versammelt. Mehrere NSU Prinz sind dabei, zwei NSU Spider, ein NSU Ro 80 mit Wankelmotor (Kennzeichen: „HN – SU 80“) und sogar ein Thurner-RS-Flügeltürer. Das einende Motto: „Wir fahren historische NSU-Fahrzeuge“.

NSU wird auch als Abkürzung für Neckarsulm verwendet

Die Teilnehmer wünschen sich eine andere Bezeichnung für die Terrorzelle. NSU in Anführungszeichen, kursiv, klein geschrieben oder mit Punkten zwischen den Buchstaben versehen. „Alles ist recht, nur eben nicht NSU“, heißt es. Hörfunk und Fernsehen sollen davon überzeugt werden, den Namen Nationalsozialistischer Untergrund komplett auszusprechen. „Betroffen ist auch die Bevölkerung der Stadt Neckarsulm, weil NSU auch als Abkürzung der Stadt verwendet wird“, sagt Ingrid Ohlhausen. Natürlich ahnen die NSU-Freunde, dass sie viel zu spät dran sind. „Der Name ist verbrannt“, heißt es. Und leicht verstimmt wird darauf hingewiesen, dass die Stadt Neckarsulm zur Behutsamkeit geraten habe, als die neue Deutung aufkam. „Ball flach halten, das geht vorbei, wurde empfohlen“, sagt Thomas Sennert, ein Führer im NSU-Museum, „der Prozess in München wird sich aber über Jahre hinziehen.“

In Böblingen werden von einigen NSU-Fahrern rote und blaue Schals getragen mit dem Werbeslogan der sechziger Jahre: „Fahre Prinz und Du bist König.“ Bis die Morde der Terrorzelle bekannt wurden, löste die Namensnennung NSU bei vielen Menschen gute Laune aus. Sätze wie „Der Berg ist steil, die Sonne sticht – den Quickly-Fahrer kümmert’s nicht“ wurden gern zitiert. Schließlich fuhren sehr viele Menschen in der Wirtschaftswunderzeit das insgesamt 1,5 Millionen Mal gebaute Volksmoped. Es feiert in diesem Jahr den sechzigsten Geburtstag. 1955 war NSU erfolgreichster Motorradhersteller der Welt, die Modelle „Fox“, „Max“, „Lux“ oder „OSL“ prägten das Straßenbild. Automobile vom Spider bis zum NSU TTS waren im Motorsport erfolgreich. Der noch heute modern wirkende Ro 80 wurde 1967 zum Auto des Jahres gekürt. 1969 fusionierte NSU mit der VW Tochter Audi zur „Audi NSU Auto Union AG“ mit Sitz in Ingolstadt, seit 1985 fehlt NSU im Namen der Audi AG.

„Jetzt tut es jedes Mal weh, wenn ich die Buchstaben unserer Marke in der Zeitung sehe“, sagt der Tübinger NSU Wankel-Spider-Fahrer Uli Latus. Und wer, bitteschön, wolle sich denn heute einen NSU-Oldtimer kaufen? Und fast verschämt zeigt Latus einen Zeitungsartikel aus Heilbronn vom 5. Mai 2013 mit der Überschrift: „Die NSU marschiert weiter“. Gemeint ist der Fußballclub Neckarsulmer SU.