Unter dem Künstlernamen Ingeborg Santor hat Ingeborg Höch ihr fünftes Buch veröffentlicht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Ingeborg Höch erinnert sich noch genau. Damals in der Schule sollte sie einen Aufsatz schreiben, zum Thema „Wie ich eine Blume fand“. Ingeborg Höch wollte lieber ein Gedicht verfassen. Ihr Lehrer sei von dieser Idee zwar nicht begeistert gewesen, aber sie sei hartnäckig geblieben und am Ende habe sie sich durchgesetzt, erzählt Höch mit einem Schmunzeln. Schon früh habe sie angefangen zu schreiben. Es waren vor allem Gedichte. „Die meisten waren ganz lieb“, sagt Höch.

 

Bereits mit zwölf Jahren legte sie sich den Künstlernamen Ingeborg Santor zu. „Ich wollte extra heißen“, sagt Höch mit einem Augenzwinkern. Als Kind verbrachte sie ihre Ferien oft auf Borkum. Dort pflückten sie und ihre Familie Sanddornbeeren und gaben sie in den Pfannkuchenteig. Die orangefarbenen Beeren inspirierten das junge Mädchen zu dem Künstlernamen Ingeborg Santor. Unter diesem Namen hat die heute 75-Jährige mittlerweile mehrere Bücher, Essays und Übersetzungen veröffentlicht. Vor Kurzem erschien der Erzählband „Frühe Zimmer, kleine Jahre. Kindheit in einer anderen Zeit“.

Eine subjektive, aber detaillierte Beschreibung der Nachkriegszeit

Es sind Höchs Erinnerungen an die Zeit, in der sie ein kleines Mädchen war. „Vieles ist authentisch, manches aber auch literarisch verfremdet“, sagt die Autorin. Bewusst habe das Kind in ihrem Buch keinen Namen. In einer Art Nachwort schreibt Höch: „Das Kind der Erzählungen ist, aller Nähe zur erlebten Vergangenheit zum Trotz, doch eine Kunstfigur.“ Dieses innere Kind habe sich immer wieder hartnäckig zu Wort gemeldet und „auf die vielen ihm bedeutungsvollen Einzelheiten und Dinge beharrt, die sein Erleben und seine Welt ausgemacht haben“.

So finden sich in dem Buch viele detaillierte Beschreibungen, die ein Bild von der frühen Nachkriegszeit malen. Es geht um den ersten Schultag, um Jungs und um Schimpfwörter. Eben um viele Kleinigkeiten, die Kinder beschäftigen. Dabei ist Höch sehr wohl bewusst, dass „Erinnerungen etwas sehr Fragiles sind“, wie es die Autorin formuliert. Sie entsprechen nicht der vergangenen Wirklichkeit, sondern sind „selbst ein sich ständig veränderndes Konstrukt“. So schreibt Ingeborg Höch in dem Nachwort zu ihrem Erzählband.

Ingeborg Höch möchte wieder mehr Gedichte schreiben

„Ich habe mich selbst gefragt, was es zu bedeuten hat, dass ich noch einmal meine Kindheitserinnerungen aufgegriffen habe“, sagt Höch und ergänzt: „Vielleicht geht es wirklich darum, die Erinnerungen festzuhalten. Vielleicht liegt es an dem frühen Tod meiner Mutter. Ich kann es nicht genau erklären.“

Mit ihrer Kindheit habe sie nun abgeschlossen, mit dem Schreiben aber noch lange nicht. „Ich möchte wieder Gedichte verfassen“, sagt Höch. Sie interessiere sich dafür, was in der Welt geschehe. Die vielen Umweltprobleme treiben sie um. „Ich würde gern darüber schreiben, aber ich weiß noch nicht genau wie“, sagt die Seniorin.

Die Autorin: Ingeborg Höch wurde 1941 in Koblenz geboren und wuchs im Rheinland auf. Seit 1968 lebt sie in Stuttgart. Sie arbeitete in der Werbung und in Zeitungsredaktionen, war Lektorin im Goldmann-Verlag in München und bei der Franckh’chen Verlagshandlung in Stuttgart (heute Kosmos-Verlag). Sie übersetzte Kinder- und Sachbücher sowie Gedichte, seit 2004 ist sie freie Autorin. „Frühe Zimmer, kleine Jahre. Kindheit in einer anderen Zeit“ (Norderstedt 2016) ist ihr fünftes Buch.

Lesung
: Die Autorin stellt ihr neues Buch am Donnerstag, 3. November, im Reyerhof-Bistro an der Unteraicher Straße 8 vor. Die Lesung beginnt um 19.30 Uhr.