Der erste Eindruck zählt – gerade beim Bewerbungsgespräch. Das Berufsbildungswerk Waiblingen gibt daher nun seinen Azubis die Möglichkeit, passende Kleidung und auch Schuhe in einer Kleiderkammer auszuleihen.

Waiblingen - Jason trägt ein schickes schwarzes Poloshirt, schwarze Markenjeans und schwarze Schuhe. Was er von seinem Outfit hält? Der angehende Autofachwerker braucht für seine Antwort nur ein Wort: „Geil“. Und schiebt dann nach: „Ich will das gar nicht mehr ausziehen.“

 

Muss er aber, denn die Ausstattung, mit der Jason problemlos bei jedem Bewerbungsgespräch eine gute Figur machen könnte, ist nur geliehen. Sie stammt aus einer Kleiderkammer, die es im Berufsbildungswerk Waiblingen (BBW), einer Einrichtung für sozial benachteiligte junge Menschen und Jugendliche mit Behinderungen, seit neuestem gibt. Wer ein Vorstellungsgespräch, aber keine passenden Klamotten hat, kann sich dort künftig eine für den Anlass angemessene Ausstattung aussuchen und ausleihen.

Es fehlt am Geld für angemessene Kleidung

Die Idee zur Kleiderkammer stammt von Oliver Löwe und Florian Schweer, beide engagieren sich bei den Wirtschaftsjunioren Rems-Murr, wo sie als Projektleiter für das BBW aktiv sind. Regelmäßig bieten sie Bewerbungscoachings für die Jugendlichen dort an. „Dabei kamen wir immer wieder auf die Frage, was man anzieht“, erzählt Florian Schweer. Und immer wieder zeigte sich, dass es vielen Jugendlichen nicht nur am Wissen, sondern schlichtweg auch den finanziellen Möglichkeiten fehlt, sich angemessene Kleidung anzuschaffen.

„Jeder, der sich für eine Stelle bewirbt weiß, dass man da mit wenig Geld nicht hinkommt“, sagt Oliver Löwe. Und doch sei es eben extrem wichtig, dass der erste Eindruck ein guter sei. So kamen Florian Schweer und er auf das Projekt, dessen Umsetzung von der Idee bis zur gefüllten Kleiderkammer anderthalb Jahre Zeit in Anspruch genommen hat.

„Sie haben Kontakte geknüpft und die Werbetrommel gerührt“, dankte der BBW-Einrichtungsleiter Oliver Conrad den beiden Wirtschaftsjunioren. Das Duo hat die Stiftung der Kreissparkasse Waiblingen für seine Idee gewonnen, die 2000 Euro beisteuerte. Außerdem unterstützten zwei Modehäuser aus Winterbach und Stuttgart, die Firmen Raithle und Breitling, das Projekt, in das insgesamt knapp 6000 Euro geflossen sind.

20 Paar Schuhe und 60 Kleidungsstücke

20 Paar neue Schuhe gibt es im Fundus, außerdem etwa 60 Kleidungsstücke. „Für Damen haben wir dunkle Hosen und weiße Blusen, für Herren schwarze Markenjeans, Hemden und schwarze Poloshirts“, zählt Karin Springborn vom Berufsbildungswerk auf. „Die Idee ist, dass die Jugendlichen mit ihren Ausbildern in die Kleiderkammer kommen und beraten werden, was ihnen steht“, sagt die Pädagogin. Im Fundus gebe es eine ganze Bandbreite an Größen, auch für adipöse Jugendliche finde sich etwas Passendes. Die Outfits kämen prima an bei den Jugendlichen, so Springborn: „Da gibt es schon einen gewissen Aha-Effekt. Kleider machen eben doch Leute.“

Nach der Rückgabe der Kleider wäscht und bügelt die Abteilung Hauswirtschaft des Berufsbildungswerks die Shirts, Blusen und Hosen, dann wandern se zurück in den großen Schrank, der als Kleiderkammer dient. „Ich finde es toll, dass das alles hausintern geregelt wird“, sagt der Stiftungsreferent Timo John, der einräumt: „Vor dieser Anfrage der Wirtschaftsjunioren war mir die Problematik gar nicht bewusst.“

Mit der Föderung der Kleiderkammer habe sich die KSK-Stiftung auf jeden Fall für ein nachhaltiges Projekt entschieden, sagte Oliver Conrad: „Junge Menschen können eine Ausbildung und Sozialkompetenzen haben, aber wenn sie im Bewerbungsgespräch falsch auftreten, hilft ihnen das nichts.“ Die von den Jugendlichen als Outfit-Check bezeichnete Kleiderkammer räume den Azubis gleiche Chancen ein, im Vorstellungsgespräch durch passende Kleidung zu punkten. Jason sieht das ganz ähnlich: „Wenn man mit diesen Klamotten nicht das Bewerbungsgespräch gewinnt, dann weiß ich auch nicht.“