Neue Wende bei der Planung der B-10-Umgehung: auf Wunsch des Bundes soll der Verkehrsknoten am „Vaihinger Eck“ mit vielen Zu- und Abfahrtsrampen ziemlich groß werden. Das bringt selbst Befürworter des Straßenprojekts zur Verzweiflung.

Vaihingen/Enz - Manche Stadträte nennen sie eine „Monsterkreuzung“, andere schlicht einen „Klotz“, der Vaihinger Oberbürgermeister Gerd Maisch spricht von „einem massiven Bauwerk vor den Toren unserer Stadt“: die Kreuzung am „Vaihinger Eck“ an der Aral-Tankstelle soll nun doch wieder deutlich größer ausfallen, als alle Beteiligten gehofft hatten. Wie das Landesverkehrsministerium mitteilt, werden die Pläne für eine B-10-Umgehungsstraße des Stadtteils Enzweihingen zurzeit überarbeitet. Das Bundesverkehrsministerium habe den Wunsch geäußert, die Pläne wieder in deutlich größeren Dimensionen umzusetzen.

 

In der Stadtpolitik reicht die Palette der Reaktionen von Empörung über Ratlosigkeit bis hin zu pragmatischer Akzeptanz. „Der Bund wünscht die teurere Lösung“, sagt der OB Maisch. „Aber er darf das – schließlich zahlt er auch dafür.“ Für manchen seiner Stadträte sei das eine bittere Pille, „der Gemeinderat war damals nicht glücklich über die Pläne“.

„So einen Klotz halte ich nicht für glücklich“

„Ich war geschockt, als ich davon gehört habe“, sagt Erich Hangstörfer, Fraktionschef der CDU – und eiserner Kämpfer für die Umfahrung. Er könne sich „diese Monsterkreuzung bei uns gar nicht vorstellen“. Ähnlich sieht es Eberhard Zucker, als Chef der Freien Wähler immerhin Vorsitzender der größten Fraktion im Gemeinderat. „So einen Klotz an der Kreuzung halte ich nicht für glücklich.“ Bis zu zehn Meter hohe Rampen, über die der Verkehr fließt, Probleme mit der angrenzenden Straßenmeisterei oder der Tankstelle seien nicht auszuschließen. „Trotzdem tue ich mich schwer zu sagen: das wollen wir nicht“, sagt Zucker. Schließlich habe die Stadt und die Mehrheit des Gemeinderats jahrelang für die Umfahrung gekämpft.

Der Verkehrsknoten am "Vaihinger Eck": ein Wirrwarr aus Zu- und Abfahrten

Die Monsterkreuzung hat eine längere Vorgeschichte. Auf Wunsch der Stadt hatte das Land 2009 die große Lösung auf mehreren Ebenen zwischenzeitlich mit einer kleineren, von Ampeln geregelten Kreuzung weiter geplant. Ein Verkehrsplaner habe der Stadt bestätigt, dass diese Variante verkehrlich leistungsfähig genug sei, um die rund 32 000 Fahrzeuge, die dort fahren, bewältigen zu können.

Natur versus Ästhetik

Doch inzwischen hat sich das geändert. Der Bund habe abwägen müssen, erläutert Robert Hamm, Sprecher des für die Planung zuständigen Regierungspräsidiums Stuttgart (RP): eine kleinere Kreuzung mit Ampeln erfordere eine vierspurige Straße mit größeren Eingriffen in die sensible Natur an der Enz. Gestalte man die Straße aber zweispurig, dann sei der größere Knoten unabdingbar – „er fördert die Leistungsfähigkeit der Strecke“, sagt Hamm. Letztlich habe der Bund sich für weniger Eingriff in die Natur plus einen guten Verkehrsfluss entschieden – zu Ungunsten der Ästhetik, wie Gerd Maisch sagt.

Laut dem RP bedingt der Kurswechsel von Seiten des Bundes eine Verzögerung des Vorhabens um „neun bis zwölf Monate“. Er gehe davon aus, dass das eigentliche und formale Genehmigungsverfahren im Frühjahr 2016 beginnen könne, sagt Robert Hamm. Um wie viel die Kosten wegen der aufwändigeren Planung der Zu- und Abfahrten steigen werden, sei jetzt noch nicht abzuschätzen. Im Jahr 2009 hatte das RP den Unterschied auf 200 000 Euro beziffert. Die Umfahrung mit Ampelkreuzung wurde auf 31,1 Millionen Euro geschätzt, die Lösung mit Zu- und Abfahrtsrampen auf 31,3 Millionen Euro.

Das Land ist aus dem Schneider

Übrigens: durch die nun bekannt gewordene Umplanung steht das Land nicht mehr im Verdacht, die unliebsame Umfahrungsplanung zu verzögern. Vor gut einem Jahr hatte das Landesverkehrsministerium mitgeteilt, dass die Pläne in Berlin zur Genehmigung liegen. Beim dortigen Verkehrsressort hieß es jedoch, dass ein erneutes Ja aus Berlin gar nicht nötig sei. Prompt kam der Vorwurf auf, dass der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das von Naturschützern kritisierte Vorhaben absichtlich auf Eis lege. Nun zeigt sich: Hermanns Nachfrage in Berlin war berechtigt.