Der Backhausverein am Wartberg hat jüngst wieder sein Backfest gefeiert. Das Fest, das dreimal im Jahr stattfindet, hat sich längst zum Dauerbrenner entwickelt.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

S-Nord - Der Mensch lebt auch in Stuttgart nicht vom Brot allein. Nein, er will auch leckeren Salzkuchen und goldbraun gebackenen Hefezopf, frische Pfirsichschnitten, süßes Apfelgebäck und mindestens ein Stück vom vorzüglichen Lauchkuchen. Nicht zu vergessen die Flachswickel, für die der Backhausverein vom Wartberg so berühmt ist, dass die Leute regelrecht Schlange stehen, um wenigstens ein paar der 450 vorbereiteten Teiglinge zu ergattern. „Heute hat’s am Morgen ja geregnet, da kam weniger Kundschaft. Aber normalerweise sind die Flachswickel nach allerspätestens zwei Stunden schon ausverkauft“, weiß Renate Matz.

 

Viele sind schon Stammkunden beim Fest

Die 76-jährige Back-Enthusiastin ist die zweite Vorsitzende eines Klubs, der mit seinen Backhausfesten ein treues Stammpublikum ins Naturidyll am Wartberg lockt, wie auch jüngst am letzten Juniwochenende. Schwäbische Spezialitäten, frisch im Holzofen zubereitet, lautet das so simple wie erfolgreiche Rezept. Viele Rentner verbinden einen Spaziergang mit einem Kaffeeklatsch bei der für die Internationale Gartenausstellung IGA errichteten Ökostation, Familien nutzen das Backhausfest als Ziel für den Radausflug. Und es gibt Kunden, die sich blechweise mit handgemachtem Kuchen eindecken, um ihn portioniert in den Gefrierschrank zu packen. Für diese Stammkundschaft legen sich die rund 50 Mitglieder des Backhausvereins dreimal im Jahr ins Zeug: Zwei Wochen lang wird vorbereitet und organisiert, allein der Einkauf von Zucker, Rahm und Co. beschäftigt sechs gestandene Hausfrauen. 320 Kilo Mehl und gut 700 Eier kommen bei einem Backhausfest in den Teig. „Das ist Knochenarbeit, da gehört auch viel Idealismus dazu“, sagt die seit der Klubgründung aktive Paula Fauth.

Entstanden ist der Backhausverein aus einer Gruppe von Nachbarn, die nach der 1993 veranstalteten IGA nicht hinnehmen wollten, dass die eigens für die Gartenschau errichtete Backstube im Grünen wieder abgebaut werden soll. In Eigenregie wurden die nur aus Containern bestehenden Wände ausgetauscht, eine professionelle Küche hielt Einzug.

Das Fest hat sich zum Dauerbrenner entwickelt

Um die selbst gestemmten Ausgaben zu finanzieren, fand im April 1994 das erste Backhausfest statt – und hat sich im Laufe der Jahre zu einem Dauerbrenner entwickelt. Gut 80 Salzkuchen und annähernd 70 Bleche mit süßem Gebäck gehen mittlerweile über die Theke. Von den Einnahmen gönnen sich die Vereinsmitglieder gesellige Ausflüge etwa nach Salzburg oder an den Chiemsee – oder leisten sich kostspielige Anschaffungen wie den allein 20 000 Euro teuren Holzbackofen oder eine fast ebenso hochwertige Teigmaschine. Dennoch war der Verein froh, dass der Bezirksbeirat jüngst die 500 Euro für den Ersatz eines der beiden Zelte übernahm, die Unbekannte im April über Nacht mutwillig zerstört hatten. Bei der Frage nach dem Schutz vor Vandalismus reagiert Vereinspräsident Thomas Kley pragmatisch. „Wir stehen jetzt halt eine Stunde früher auf und bauen die Zelte fürs Backhausfest morgens auf“, sagt er. Kley ist mit 51 Jahren übrigens so etwas wie der Jungspund im Verein – das Durchschnittsalter beim monatlichen Brotbacken für den Eigenbedarf wird von Renate Matz auf rund 70 Jahre geschätzt. So eingespielt wie das Küchenteam im Backhaus wirbelt, so sehr würde sich der Verein deshalb über Nachwuchs freuen – schließlich soll am Wartberg die Tradition schwäbischer Spezialitäten weiterleben.