Eine Pokémon-Arena auf dem Friedhofsgelände in Backnang sorgt für Aufregung im Netz. In der realen Welt sind Spielefans laut Stadtverwaltung aber bislang kaum unangenehm aufgefallen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Nur wer einen Blick auf das Handydisplay wirft, kann die Säule sehen. Rot funkelnd steht sie da: eine Pokémon-Arena. Sie ist fest in der Hand eines Spielers mit seinem „Jugong“-Pokémon, beide sind bereit, die Herausforderungen anderer Pokémon-Trainer anzunehmen. Im Prinzip ist eine solche Arena nichts Besonderes, besonders rund um Sehenswürdigkeiten hat irgendein Computer-Algorithmus diese virtuellen Plätze erstellt, an denen sich Pokémon-Spieler treffen können, um ihre digitalen Kreaturen gegeneinander antreten zu lassen. Nur: Besagte Arena steht nicht irgendwo, sondern auf dem Backnanger Stadtfriedhof, direkt vor der 1884 von dem Backnanger Oberamtsbaumeister Christian Hämmerle entworfenen neugotischen Friedhofskapelle. „Ab und zu sieht man schon einige Spieler, die mit ihren Handys auf dem Friedhof stehen“, erzählt ein Mitarbeiter eines Betriebs aus der Nachbarschaft.

 

„Rennen die jetzt auf dem Friedhof rum?“

Auch Nutzern des sozialen Onlinenetzwerks Facebook ist die Pokémon-Arena aufgefallen – dass sie mitten auf einem Friedhof steht, wurde neulich im Netz kontrovers diskutiert. „Die Arena ist besetzt, so etwas Schamloses habe ich selten gesehen“, schreibt ein User. Denn das zeigt: Der virtuelle Spielplatz vor dem Gotteshaus wird von den Pokémon-Go-Spielern angenommen. Von außerhalb des Friedhofs, ist der Nutzer überzeugt, sei die Arena nicht zugänglich. „Rennen die jetzt auch auf dem Friedhof rum?“, echauffiert sich eine Nutzerin. Eine andere erinnert daran, dass selbst in der KZ-Gedenkstätte in Auschwitz Pokémon zu fangen seien.

Der Mann, der die Arena auf dem Backnanger Friedhof entdeckt hat, vergleicht sie sogar mit einem Sexualdelikt, das sich im Juli in Nordrhein-Westfalen ereignet hatte: „Erst wird eine 70-Jährige auf einem Friedhof vergewaltigt und dann sehe ich auch noch so was“, schreibt er – wird von anderen aber dafür kritisiert. Die Begebenheiten hätten nichts miteinander zu tun. Denn es gibt auch Menschen, die sich am digitalen Spielplatz auf dem Friedhof nicht stören. „Habt ihr keine wichtigen Sachen, über die ihr euch ärgern könnt?“, meint ein Nutzer. Eine Frau schreibt: „Ein Friedhof ist ein öffentlicher städtischer Ort, es steht nicht in der Satzung, dass man dort kein Handy benutzen darf.“ Hunde dagegen seien verbotenerweise öfter zu sehen – darüber rege sich doch auch niemand auf.

Der Stadtverwaltung sind noch keine Pokémon-Horden aufgefallen

Eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung zeigt: Dort sind noch keine Horden von Pokémon-Spielern aufgefallen. Und das sei auch gut so, findet der Backnanger Kämmerer Siegfried Janocha. „So ein Quatsch wäre für einen Friedhof nicht angemessen, immerhin finden in der Kapelle Trauerfeiern statt.“ Die städtischen Mitarbeiter würden aber nun die Augen offenhalten. „Sollten wir tatsächlich junge Leute auf dem Friedhof treffen, die auf dem Handy Pokémon spielen, würden wir das Gespräch mit ihnen suchen, um ihnen klar zu machen, dass so etwas nicht sein muss.“ Sollten die Monsterjäger auf einem Friedhof zum Problem werden, gäbe es auch noch einen anderen Weg: Der Spieleentwickler Niantic hat auf seiner Webseite ein Formular eingerichtet, um das Entfernen einer Arena anzufordern .