Eine Doppelausstellung der in Stockholm lebenden deutschen Künstler Tobias Hofsäss und Thomas Raschke gewährt ungewöhnliche Einsichten. „Transparent“ ist bis zum 9. November in der Galerie der Stadt Backnang zu sehen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Sie haben sich nicht gesucht – aber in Stockholm gefunden. Und jetzt sind sie in Backnang. Die beiden deutschen Künstler Thomas Raschke und Tobias Hofsäss sind vor acht Jahren unabhängig voneinander in die schwedische Hauptstadt gezogen. Raschke der Gattin zuliebe, weil sie in Stockholm einen Job gefunden hatte. Seither werkelt der in Schwäbisch Gmünd geborene Thomas Raschke in Schweden in seiner Atelierwerkstatt. Er zerlegt fast alle Gerätschaften, die nicht niet- und nagelfest sind, in die Einzelteile, guckt sich alles ganz genau an, baut die Formen der Fotoapparate, Musikinstrumente, Küchengeräte detailgetreu mit Draht und Lötkolben nach. Schließlich schraubt er die Originale wieder zusammen.

 

Fotos wie aus einer anderen Welt

Tobias Hofsäss pilgert mit seiner alten russischen Analog-Panoramakamera durch die Gassen Stockholms und macht Fotos, die als großformatige Negativabzüge ausgestellt werden. Diese Bilder von Straßen, Plätzen, Bunkern, Sportarenen und anderen berühmten und eher unscheinbaren Ecken Stockholms wirken wie in einer anderen Welt aufgenommen.

Irgendwann habe sich der Schwabe und der Hamburger in Schweden getroffen, später hätten sie dann beschlossen, gelegentlich gemeinsame Sache zu machen. So kann man die Erklärung des Duos für das Zustandekommen ihrer Gemeinschaftsausstellung zusammenfassen. Die Schau mit dem Titel „Transparent“ ist seit Freitagabend in der Galerie der Stadt Backnang zu sehen. Der Name ist Programm. Durch die detailverliebten Drahtgebilde von Thomas Raschke kann der Besucher tatsächlich hindurch schauen – ob er alles wirklich durchschaut, das freilich ist eine andere Frage.

Tobias Hofsäss’ Fotografien wirken beim Betrachten wie Röntgenbilder. Transparenz – dieses Thema haben die Künstler in Schweden für sich entdeckt. Die einst sozialistisch geprägte Gesellschaft des Landes ticke anders als die deutsche, erzählen die beiden beim Rundgang durch die Ausstellung. Für die Menschen in Schweden sei es ganz selbstverständlich, dass man im Internet nachschauen könne, wie viel Geld der Nachbar verdient und wo ehemalige Straftäter wohnen.

Alle Drahtgebilde liegen auf Möbeln von Ikea

In der Ausstellung bilden immer ein Foto und ein Objekt – der Künstler nennt sie „Wire-Frames“, also Drahtrahmen – ein Ensemble. Unter dem Schwarzweiß-Foto einer Szene beim Eishockey liegen zum Beispiel Schlittschuhe aus Draht. Neben dem Bild einer Kirche und eines Grabs steht ein Spaten. Zu einem Überblick über die Stadt Stockholm gehört ein Fernrohr. Die Objekte sind übrigens alle auf Möbelstücken der schwedischen Firma Ikea abgelegt.

In rund sieben Wochen werden die Exponate wieder eingepackt – und nach London transportiert. Die Schau ist tatsächlich zunächst in Backnang zu sehen, erst anschließend in der britischen Metropole.