Die Befürworter und die Kritiker der sechs geplanten Windräder beim Eschelhof zwischen Backnang, Sulzbach und Murrhardt liefern sich eine Redeschlacht. Die Gegner sind zumindest akustisch in der Mehrheit.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Seit Monaten führen die Gegner und die Befürworter des im Wald beim Eschelhof nahe Sulzbach geplanten Windparks Zollstock-Springstein einen erbitterten Kampf um die Deutungshoheit. Sind Windräder gefährlich oder nicht? Ist es sinnvoll, hierzulande Windräder zu bauen oder sollten sie nicht besser an der Küste stehen? Bis dato hat man meist übereinander gesprochen, man könnte auch sagen übereinander hergezogen – an den Stammtischen, daheim und im Internet, etwa in dem sozialen Netzwerk Facebook.

 

Am Dienstagabend nun sind die Kontrahenten im Rahmen einer öffentlichen Sitzung des Backnanger Gemeinderats vor viel Publikum aufeinander getroffen. Meist ging es bei dieser gut dreistündigen Veranstaltung ganz gesittet zu. Die Referenten wurden mal mit Beifallsstürmen bedacht, mal mit lauten Buh-Rufen. Akustisch waren die Gegner in der Mehrheit. Entschieden ist indes immer noch gar nichts. Der Gemeinderat, der – falls keine Gesetze oder sonstige Bestimmungen verletzt werden – sein sogenanntes Einvernehmen erteilen muss, soll Anfang März ein Votum abgeben. Dann ist das Landratsamt am Zug.

Initiative warnt vor angeblichen Gesundheitsrisiken

Der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper sagte, „per heute ist offen, ob sich die Stadtwerke unternehmerisch an diesem Projekt beteiligen“. Im Moment sehe es aber „nicht so aus“. Man wolle noch die Ergebnisse der Windmessungen abwarten, die Ende Mai vorliegen sollen. Seine persönliche Position zur Windkraft sei eine pragmatische: „Weder Befürwortung um jeden Preis, noch Gegnerschaft aus Prinzip.“

Vertreter der Bürgerinitiative Gegenwind Zollstock-Springstein versuchten mit vielen Zahlen zu belegen, dass der geplante Windpark nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. Einzig das Unternehmen, das für die Planungen verantwortlich ist, könne mit satten Gewinnen rechnen. Zudem gingen von Windrädern ganz erhebliche gesundheitliche Risiken aus – für die Tierwelt aber auch für die Menschen. Der sogenannte Infraschall, für das menschliche Ohr unhörbare Geräusche der Windräder, könne zu Herz- und Kreislaufproblemen führen, zu Schlafstörungen, Schwindel, Unruhe, Depressionen, Angstzuständen und verminderter Leistungsfähigkeit, erklärte der Mediziner Wolfram Gruner als Sprecher der Bürgerinitiative. Fachleute sprächen vom Windturbinen-Syndrom.

Naturschützer für Windkraft

Reinhard Muth vom örtlichen Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) hingegen erklärte, im Landkreis hätten sich alle im Landesnaturschutzverband (LNV) organisierten Naturschützer „grundsätzlich für den Bau von Windkraftanlagen ausgesprochen“. Es gebe technische Möglichkeiten, Vögel und Fledermäuse vor den Gefahren der Rotorblätter zu schützen.

Markus Schmerbeck von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) sagte, wenn der vorgeschriebene Abstand zu den nächsten Wohngebäuden von 700 Metern eingehalten werde, dann sei „keine zusätzliche Infraschallbelastung durch Windenergieanlagen feststellbar“.

Die Flugsicherung sagte nein

Zu einem K.-O.-Kriterium für den Windpark bei Backnang könnte indes das Votum der Flugsicherung werden. Bis dato sage das Bundesaufsichtsamt nein, erklärte der Leiter des Stadtplanungsamts, Stefan Setzer. Das Umweltministerium habe aber beschlossen, das Verfahren trotzdem weiter zu führen. Gutachten seien in Auftrag gegeben worden. Die Aussagen der Backnanger Stadträte fielen so unterschiedlich aus wie die Erklärungen der Referenten. Alfred Bauer von Bürgerforum zum Beispiel sprach sie klar gegen die Windräder aus. Eric Bachert (Grüne) eindeutig dafür.

Gut 20 Millionen Euro sollen investiert werden

Projektpartner
Vor gut einem Jahr haben die Stadtwerke Backnang und Murrhardt sowie die Bürgerenergiegenossenschaften Murrhardt, Murr und Weissacher Tal mit ihrem Projektpartner, der WIND-Energie GmbH, den geplanten Windpark erstmals vorgestellt. Damals hieß es, der Park werde Strom für 10 000 Haushalte liefern. Geplant sind Investitionen von gut 20 Millionen Euro. Nur eines der Räder soll auf Backnanger Markung stehen.

Debatte
Die Kritiker bemängeln neben dem angeblich gefährlichen Infraschall unter anderem den Schattenwurf und im Winter den möglichen Eisabwurf der rund 200 Meter hohen Windräder. Die Befürworter sagen, Windkraft sei nötig, um auf Atomstrom zu verzichten