Baden-Württemberg ist innerhalb Europas eines der großen Zentren der Steinsalzproduktion. Im Schaubergwerk in Bad Friedrichshall lässt sich eindrücklich der Geschichte und der Bedeutung des vor allem industriell genutzten Rohstoffs nachspüren.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Bad Friedrichshall - Mit einem lauten Klacken schließt die Tür des Förderkorbs im Schaubergwerk Bad Friedrichshall. Dann ein kurzes Ruckeln, und abwärts geht es mit lautem Getöse, hinein in den Bauch der Erde durch einen engen, dunklen Schacht. „Glück auf“ – so lautet die Begrüßung nach dem abrupten Stopp und nachdem sich die Tür wieder geöffnet hat. „Glück auf“, das ist das geflügelte Wort der Bergleute 180 Meter unter der Oberfläche, wo sich dem Besucher eine bizarre Welt eröffnet: „Glück auf!“

 

Gut 1,5 Kilometer lang ist der Rundweg durch die stillgelegten Salzstollen. Und schnell wird deutlich, weshalb Mineure wie Hans Götzl vom „Salonbergbau“ sprechen. Der frühere Bergmann hat in der Kohle im Ruhrgebiet begonnen, in engen Schächten und bei tropischen Temperaturen um die 30 Grad malocht, wie auf Schautafeln im Eingangsbereich aufgezeigt wird. Hier, in den Salzkammern bei Heilbronn, hat es konstant angenehme 18 Grad, von bedrückender Enge keine Spur. Vielmehr bestehen die Katakomben aus riesigen Hallen wie der sogenannten Geologiekammer 4/A: hergestellt 1926, 185 Meter lang, 15,5 Meter breit, an die 16 Meter hoch.

Eine fantastische Unterwelt

Kathedralen sind das, die durch die mit Licht und Schatten spielende Illumination eine ganz besondere, nachgerade besinnliche Atmosphäre ausströmen – dies zumal, wenn die Masse der Besucher schon wieder ans Tageslicht zurückgekehrt ist und Ruhe einkehrt in dieser fantastischen Unterwelt. Auf eine Strecke von 700 Kilometern summieren sich mittlerweile die Gänge und Säle, die in rund eineinhalb Jahrhunderten von Menschenhand und Maschinen gemacht worden sind. Im Jahr 1816 war es, als just an diesem Ort durch Bergrat Bilfinger beim Teilort Jagstfeld erstmals in Mitteleuropa ein Steinsalzlager angebohrt wurde, um dann gut 40 Jahre später auch wirklich erschlossen zu werden. So riesig sind die vor 200 Millionen Jahren durch ein Binnenmeer entstandenen Vorräte, dass das einstige weiße Gold in den aktuellen Abbaugebieten bis Mitte des Jahrhunderts reicht, wie Daniela Pflug von der Betreiberfirma, der dem Land und der Stadt Heilbronn gehörenden Südwestdeutschen Salzwerke AG, sagt: „Und selbst danach haben wir weitere Reserven, die den Bedarf bis zum Ende des Jahrhunderts decken.“ So minutiös ist die ganze Gegend erkundet.

Speisesalz macht nur drei Prozent der weltweiten Produktion aus

Im Bergwerk Bad Friedrichshall freilich, wo einst alles begann, ist der Betrieb längst eingestellt. Der Ort dient nun dazu, Besuchern viel Wissenswertes zum Thema Salz zu vermitteln. Sieben Gramm pro Tag verzehrt im Durchschnitt ein Deutscher, wobei Speisesalz weltweit an der Produktion nur einen Anteil von drei Prozent ausmacht. Vor allem in der Industrie und der Medizin wird der Stoff eingesetzt: beim Färben und Gerben, bei der Konservierung von Lebensmitteln, als Basis vieler Medikamente, bei der Herstellung von Waschmittel, Seife und Backpulver. Und nicht zuletzt, um die Straßen von Schnee und Eis zu befreien.

Solches Straßensalz wird vornehmlich im Bergwerk der Wacker AG in Haigerloch-Stetten im Zollernalbkreis abgebaut. Pro Jahr gibt das Eyachtal 500 000 Tonnen Steinsalz her, etwa ein Zehntel der Menge, die im Neckarbecken des Unterlandes gefördert wird. Insgesamt gehört Baden-Württemberg zur Spitzengruppe der deutschen und europäischen Steinsalzproduzenten, betont das Landesumweltministerium. Die größten Mengen des Rohstoffs werden aber in China und den USA abgebaut – allein jeweils rund 45 bis 60 Millionen Tonnen. Salz als Massenware!

Das war früher anders. „Wer genug Salz im Hause hat, dem mangelt’s nie an Geld und Macht“, lautet eine alte Weisheit. Salz war zeitweise so wertvoll, dass es als Zahlungsmittel diente. Römische Beamte wurden mit einer bestimmten Menge Salz bezahlt, dem „salarium“, dem Salär. Wegen des Salzes wurden Kriege geführt, Handelswege eröffnet und kontrolliert, Monopole festgelegt, Steuern und Zölle erhoben, Städte gegründet und verwüstet, wurde Vermögen gemacht und verloren. Dabei ist die älteste Art der Salzherstellung – lange vor dem Bergbau – das Verkochen der Sole, salzhaltigen Wassers, zunächst in Tonpfannen, dann in Blei- und Eisenpfannen.

Schwäbisch Hall verdankt seinen Reichtum dem Salz

Schwäbisch Hall ist jene Stadt in Baden-Württemberg, die ihren steilen Aufstieg im Mittelalter und ihren Reichtum eben den örtlichen Salzsiedern zu verdanken hatte, die ihre Ware unter anderem in die Klöster nach Esslingen, Denkendorf und Neresheim, ins Stift Backnang und an den Deutschen Orden in Bad Mergentheim lieferten. Im Übrigen war Schwäbisch Hall auch jener Ort, an dem 1825 Deutschlands erstes Steinsalzbergwerk angelegt wurde. Bis 1900 existierte die Grube „Wilhelmsglück“, die dann nicht mehr rentabel zu betreiben war. Ein Relikt aus diesem Bergwerk ist in Bad Friedrichshall installiert: eine 38 Meter lange Rutsche, auf der die Mineure einst eingefahren sind und die heute den Besuchern des Schaubergwerks bei rasanter Fahrt einen freudvollen Abschluss bietet: „Glück auf!“

Glück auf, allenthalben?!

Immer wieder mal in den vergangenen Jahren ist die Salzwerke AG in den Schlagzeilen gewesen – wegen Gesteinseinbrüchen, vor allem wegen der amtlich angeordneten Verfüllung der Hohlräume, die durch den Abbau unter Bad Friedrichshall und Neckarsulm entstanden sind. Zu diesem Zweck wird Sondermüll wie Bauschutt, Schlacken, Gießereiabfälle und Filterstäube aus Kraftwerken eingelagert, was in bestimmten Kreisen Argwohn weckt.

Im Schaubergwerk wird dies nicht problematisiert. Dafür haben die Gäste am Ende nicht nur eine Zeitreise durch die Erdgeschichte hinter sich, sondern auch viel erfahren über ein dunkles Kapitel während des Nationalsozialismus und die Arbeitsbedingungen unter Tage. Noch in der Nachkriegszeit waren diese kein Zuckerschlecken, wie die Biografie des 1966 verstorbenen Hauers Ernst Bachmayer deutlich macht. „Ich war erst 14, als ich im Bergwerk angefangen habe“, notierte er. „Es war hart, bohren und abbauen, alles von Hand. Maschinen gab es kaum.“ Das sollte sich ändern. Und so sind es inzwischen computergesteuerte Bohr- und Sprengverfahren, mit denen der Salzabbau betrieben wird – sowie riesige Maschinen namens Continuous Miners, die sich mit sieben Meter breiten Walzen leichthin durch den Berg fräsen. Ein spektakulärer, mit donnernder Musik unterlegter Kurzfilm macht das augenscheinlich – und die Halle beben.

Genug gesehen, genug erfahren. Nach reichlich zwei Stunden geht es wieder nach oben, der Sonne entgegen. „Glück auf!“

Der Rundgang im Schaubergwerk

Das Salzbergwerk Bad Friedrichshall ist ein lohnendes Ausflugsziel. Der gut 1,5 Kilometer lange Rundgang führt durch verschiedene Kammern, in denen verschiedenste Facetten des Rohstoffs durch moderne Medien beleuchtet werden: von der Entstehung des Salzes über den Abbau bis hin zur Verwendung. Eindrücklich auch: der 25 Meter hohe Kuppelsaal ebenso wie der Kristallsaal, der für Feierlichkeiten unter Tage genutzt wird. Ein Raum ist zudem als Gedenkstätte für das Konzentrationslager Kochendorf eingerichtet – in Erinnerung an die Gräuel der Nationalsozialisten, die in den Stollen eine Rüstungsfabrik betrieben und Flugzeugteile produziert haben.

Die Öffnungszeiten im Schaubergwerk

In das Schaubergwerk in der Bergrat-Bilfinger-Straße 1 können Besucher dieses Jahr noch bis einschließlich 3. Oktober einfahren – dies aber auch nur an Samstagen, Sonn- und Feiertagen. Der Eintritt kostet 9,50 Euro für Erwachsene, ermäßigt 5,50 Euro für Schüler bis 16 Jahre beziehungsweise 7,50 Euro für Schüler ab 16 sowie für Studenten bis 24 Jahre. Kinder unter sechs Jahren sind frei. Zudem gibt es Sonderkonditionen für Gruppen und Familien. Nähere Informationen unter Telefonnummer 0 71 31 / 959 - 33 03 sowie unter www.salzwelt.de im Internet.

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