Plump gefälschte Kontoauszüge über mehr als 512 Millionen Euro eines angeblichen Investors dienten in Bad Herrenalb der Stadt und dem Gemeinderat offenbar als Grundlage für ein gescheitertes Wellness- und Hotelprojekt.

Bad Herrenalb - Bei dem Betrag dürfte so mancher Normalbürger erst mal schlucken. 512 Millionen Euro stehen auf dem Kontobeleg der Schweizer Privatbank Sarasin, ausgestellt am 11. Februar 2013. Von dem Auszug tauchte jetzt eine Kopie in Bad Herrenalb (Kreis Calw) auf. Exakt derselbe Liquiditätsnachweis über die halbe Milliarde Euro war offenbar auch die Basis für die gigantischen Bäderpläne in der Kurstadt, die sogar einen Bürgerentscheid im Dezember passierten. Bei der Kommunalwahl aber hatten der gescheiterte Bädertraum zu einem politischen Nachbeben geführt, in dessen Folge zwei Drittel der Gemeinderäte ihre Ämter verloren.

 

512 267 009,78 Euro – der Betrag auf dem Papier ist einer RJS Holding AG Limited, mit Sitz in Birmingham, zugeordnet. Der mit Wertpapieren handelnde Inhaber ist deutscher Staatsbürger und angeblich jener Investor, der bereit war, im beschaulichen Bad Herrenalb rund 160 Millionen Euro für eine Wellness- und Hotelanlagen springen zu lassen.

Anfang April war durchgesickert, was sich viele Insider schon vorher gedacht hatten: dass der mehrfach als ominös beschriebene Investor „nie ein Interesse an dem Projekt gehabt habe“, wie es in einem nichtöffentlich bekannt gemachten Brief an den Gemeinderat hieß. Die beiden Projektentwickler aus dem Raum Böblingen, die das Objekt bewarben, sind seither abgetaucht. Erst kurz vor der Kommunalwahl am 25. Mai wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Tübingen im August 2013 ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs eingeleitet hat.

Der Millionenbeleg – eine „plumpe Fälschung“

Seit April hatte es in lokalen Medien zudem über Wochen hinweg gegenseitig heftige Vorwürfe rund um das gescheiterte Bäderprojekt gegeben. Mehrere Stadträte hatten sich auf den Rathauschef eingeschossen.

Mit Bescheid vom 12. Mai hatte die Staatsanwaltschaft sich jenen Kontoauszug der Schweizer Privatbank Sarasin zur Brust genommen. Dieser hatte in Tübingen nur Kopfschütteln ausgelöst: „Der vorgelegte Kontoauszug ist nach dem Erscheinungsbild soweit von einem Originalbankauszug entfernt, dass eine Urkundenstraftat durch Vorlage der Kopie nicht Betracht kommt“, teilte ein Sprecher der Behörde mit. Auf gut deutsch: jeder halbwegs intelligente Verwaltungsangestellte, erst recht aber jeder einigermaßen sorgsam Handelnde hätte von selbst erkennen können, dass es sich um eine plumpe Fälschung handelt.

Herrenalbs parteiloser Bürgermeister Norbert Mai hatte bereits vor Monaten bestätigt, dass „ein Bankkontoauszug“ der einzige Bonitätsnachweis sei, der über die Liquidität der vermeintlichen Investorengruppe Auskunft geben könne. Mai kam das gigantische Projekt offenbar wie gerufen für die hoch verschuldete Stadt. Auch in der Nachbarschaft weckte die vermeintliche Großtherme Erwartungen.

Was hat die Blamage die Stadt gekostet?

Klaus Mack, CDU-Bürgermeister in Bad Wildbad und Vorsitzender des Touristischen Aktionsbündnis Nordschwarzwald versprach sich eine erhöhte Attraktivität der gesamten Region. Auch Helmut Riegger (CDU) Landrat von Calw, hatte sich zeitweilig für das Projekt verwandt. Wohl in der Annahme, die Therme wandere in einer seiner Kreisgemeinden.

In Bad Herrenalb hatten hingegen aufgebrachte Bürger in lokalen Internetforen erfolglos eine Bürgerversammlung oder einen runden Tisch verlangt, um die Affäre aufzuklären. Moniert wurde, dass bis heute nicht offengelegt wird, welche Kosten der Stadt weithin beachtete Blamage entstanden sind. Allein der Bürgerentscheid vom 1. Dezember dürfte nach Schätzungen mehrere zehntausend Euro gekostet haben.

Eine Konsequenz haben die Bürger aber schon gezogen. Bei der Kommunalwahl am 25. Mai blieb in Bad Herrenalb kein Stein auf dem anderen. Acht von 14 Räten wurden abgewählt, darunter auch die Fraktionschefs der beiden größten Listen, der „Unabhängigen Bürgervereinigung“ und der „Freien Wähler“. Nur das neu gegründete „Bürgerforum Herrenalb“ profitierte bei den Wahlen und stellt künftig drei Gemeinderäte. Alle Neugewählten waren einst Vertreter jener Bürgerinitiative, die mit aller Macht gegen das hochfliegende Thermalbadprojekt vorgegangen war.