Rund 24 000 Asylbewerber aus Afghanistan halten sich im Südwesten auf, etwa 2100 davon sind ausreisepflichtig. Diese Menschen werden aber in der Regel geduldet.

Stuttgart - In Baden-Württemberg gibt es nur wenige Asylbewerber aus Afghanistan, die unmittelbar vor einer Abschiebung stehen. Zwar halten sich nach Angaben des Innenministeriums in Stuttgart rund 24 000 Asylbewerber aus Afghanistan im Südwesten auf. Davon befindet sich der Großteil aber noch im Asylverfahren. Nur rund 2100 Afghanen sind ausreisepflichtig. Diese 2100 Menschen werden aber in der Regel geduldet, weil etwa fehlende Papiere oder eine Krankheit der Abschiebung entgegenstehen. Erst wenn der Duldungsgrund wegfällt, können die Menschen zurückgeschickt werden. Wie viele nun unmittelbar von einer Abschiebung bedroht sind, konnte ein Sprecher nicht sagen.

 

Er verwies aber darauf, dass in der vergangenen Woche vier Afghanen aus Baden-Württemberg zwangsweise zurückgebracht wurden. In zwei weiteren Fällen stoppten Gerichte die Abschiebungen. Diese insgesamt sechs Fälle seien vom Regierungspräsidium in Karlsruhe als die Fälle gemeldet worden, in denen es eine Abschiebung nach Afghanistan derzeit überhaupt für vollziehbar hielt. Insgesamt sollten mit der Maschine rund 50 abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland ausgeflogen werden. Da aber offensichtlich auch andere Bundesländer Probleme hatten, dafür geeignete Kandidaten zu finden, belief sich die Zahl der nach Kabul abgeschobenen Menschen letztlich auf 18.

Nach Angaben des Justizministeriums sind derzeit 1250 Klageverfahren von Asylbewerbern aus Afghanistan, die sich gegen ihre Abschiebung wenden, vor den vier Verwaltungsgerichten im Südwesten anhängig. Zudem ist eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht möglich, wenn der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten ausgeschöpft ist.

In der Landesregierung sorgt das Thema für Zoff

In der grün-schwarzen Landesregierung sorgt das Thema für Zoff. Der Landesvorstand der Grünen droht damit, sich für einen Abschiebestopp einzusetzen, falls die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan nicht neu bewertet. Für die CDU mit ihrem Innenminister Thomas Strobl ist ein Abschiebestopp kein Thema. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist bislang dagegen, die Abschiebungen auszusetzen, wie es etwa Schleswig-Holstein macht.

Für SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ist die von Kretschmann angepriesene „Komplementärkoalition“ aus Grünen und CDU praktisch gescheitert. In der Regierung träten immer mehr Bruchstellen zutage, sagte Stoch. Es sei der Versuch misslungen, zwei Parteien zu einer Koalition zusammenzuführen, die inhaltlich kaum Schnittmengen hätten. Stoch bezog sich insbesondere auf das Thema Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber: „Die CDU will sich als Sicherheitspartei profilieren, während die Grünen mit ihrem Bild einer offenen Gesellschaft das genaue Gegenteil vertreten.“

Gegenteilige Positionen gebe es auch beim Thema Landwirtschaft, wo die Grünen für den Ökolandbau und die CDU für die konventionelle Bewirtschaftung seien, und bei der Ausrichtung des freiwilligen Polizeidienstes. Kretschmann habe zwar versucht, dem „Gebäude“ der gemeinsamen Koalition einen modernen Anstrich zu geben. „Aber die Risse im Gebälk sind nicht mehr zu kaschieren.“ Kretschmann selbst stehe hilflos daneben. „Ihm gleiten die Prozesse aus den Händen.“

Denn etwa beim Thema Abschiebungen habe Kretschmann die Partei gegen sich, sagte Stoch. Der Ministerpräsident habe vergeblich versucht, die Verantwortung für das Thema seinem CDU-Innenminister und der schwarz-roten Bundesregierung in Berlin zuzuschieben.