Sie haben lange dafür gekämpft: Die Kommunen können wohl ab 2018 den Konsum von Alkohol auf bestimmten öffentlichen Plätzen verbieten. Doch im Gegenzug fällt eine andere Maßnahme - zu ihrem Bedauern.

Stuttgart - Der grün-schwarze Kompromiss zum Konsum und Verkauf von Alkohol stößt bei dem Kommunen auf ein geteiltes Echo. Zwar begrüßen der Gemeindebund und der Städtetag, dass die Kommunen künftig örtlich und zeitlich begrenzte Verbote des Alkoholkonsums auf öffentlichen Plätzen und Straßen aussprechen können, um Trinkgelage einzudämmen, die oft mit Belästigungen von Anwohnern und Passanten einhergeht. Andererseits wird in Baden-Württemberg das seit 2010 geltende nächtliche Alkoholverkaufsverbot für Supermärkte und Tankstellen fallen. Dies bedauern die Kommunalvertreter.

 

Gemeindetagspräsident Roger Kehle sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart, die Erfahrungen mit dem nächtlichen Verkaufsverbot seien positiv gewesen. „Viele hat gerade dieses Verbot wirksam daran gehindert, den Alkohol spontan an Ort und Stelle, draußen auf öffentlichen Plätzen, zu konsumieren.“ Auch der Dezernent beim Städtetag Baden-Württemberg, Gerhard Mauch, sagte der dpa, es sei bedauerlich, dass das Verkaufsverbot abgeschafft werde.

Neuregelungen sollen Anfang 2018 in Kraft treten

Wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte, sollen die Neuregelungen im Herbst durch den Landtag, so dass sie Anfang 2018 in Kraft treten können. Das Thema wird im Zuge des grün-schwarzen Anti-Terror-Pakets geregelt, bei dem das Polizeigesetz des Landes ohnehin geändert werden muss. Die Kommunen könnten dann erstmals im Sommer 2018 Verbote des öffentlichen Alkoholkonsums aussprechen. Grüne und CDU hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen im Sommer 2016 auf den Kompromiss geeinigt. Ursprünglich wollte die CDU das Konsumverbot und das Verkaufsverbot - die Grünen waren gegen beides.

Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand ist bis heute vom Kompromiss überzeugt. „Wir setzen auf passgenaue Lösungen vor Ort und sind gegen pauschale Verbote.“ Er halte es für falsch, den Menschen vorzuschreiben, was sie um welche Uhrzeit kaufen dürften. „Das ist nicht nur ein Eingriff in die persönliche Handlungsfreiheit, sondern eine bundesweit einmalige Form von Bevormundung.“ Hildenbrand glaubt, dass die Kommunen sich genau überlegen werden, ob sie die Möglichkeit nutzen, öffentliche Alkoholkonsumverbote auszusprechen. „Vielerorts hat man die Erfahrung gemacht, dass Prävention nachhaltig wirkt“, sagte er. „An den Orten, die bislang als Brennpunkte galten, hat sich die Lage durch erfolgreiche Präventionsarbeit deutlich verbessert.“

Grüne Jugend plant „Spontanparties“

Wenn das nächtliche Verkaufsverbot fällt, will die Grüne Jugend das mit „Spontanparties“ feiern. „Wir wollen die ersten sein, bei denen das Bier nach zehn über die Ladentheke geht“, sagte Landeschef Marcel Roth. Dass der Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen bald verboten werden kann, sieht der grüne Nachwuchs hingegen kritisch. „Wir setzen auf Prävention und Streetworker im öffentlichen Raum, um zwischen Anwohnern und Kneipengängerinnen zu schlichten.“

Städtetagsdezernent Mauch sieht das anders: Das Alkoholverkaufsverbot sei eine von vielen wirksamen Präventivmaßnahmen. Die neue Möglichkeit, öffentliche Konsumverbote aussprechen zu können, hält er aber für wichtiger - auch, wenn dazu bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. So muss es sich nach den grün-schwarzen Plänen um einen Brennpunkt handeln, an dem sich alkoholbedingte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten häufen. Und das Konsumverbot muss das letzte Mittel sein, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind, um Randale, Dreck und Lärm durch Betrunkene einzudämmen.