Der Iran wird als Handelspartner wieder deutlich interessanter für deutsche Unternehmen. Euphorie ist aber nicht angebracht. Denn die Konkurrenz wird groß sein.

Teheran - Es gibt viele Probleme im Iran. Die Korruption blüht, Transparenz bei Ausschreibungen ist nicht unbedingt gegeben, Rechtssicherheit wird höchstens verbal zugesichert, Schutz geistigen Eigentums ist schwierig, von Menschenrechten ganz zu schweigen. Hinterrichtungen sind in dem nahöstlichen Land an der Tagesordnung. Frauen sind Menschen zweiter Klasse. Im Kopftuchzwang wird diese Diskriminierung sichtbar, noch einschränkender ist, dass Frauen nur mit Zustimmung ihrer Männer einen Pass bekommen, ins Ausland reisen oder arbeiten dürfen. Hinzu kommt die politische Instabilität; Iran ist umgeben von Krisenländern wie Afghanisatan und dem Irak.

 

Doch so gravierend diese Probleme auch sind, sie sind kein Grund für hiesige Unternehmen, nicht im Iran tätig zu werden. Im Gegenteil, nur wer die Auseinandersetzung mit dem Land sucht und damit die Reformkräfte vor Ort stärkt – und dies gilt für Politiker wie für Unternehmer –, hat die Chance, Veränderungen anzustoßen. Doch niemand sollte die Erwartungen zu hoch schrauben, es wird ein langer, steiniger Weg, Rückschläge sind wohl unvermeidlich. In Saudi-Arabien und China, beides wichtige Märkte für Deutschland, gibt es ähnliche Probleme. Bei jeder Reise sprechen Politiker die Menschenrechte an – nur so kann es gehen.

Ein attraktiver Markt

Der Iran ist ein attraktiver Markt. Das hat die Reise von Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid mit einer Wirtschaftsdelegation gezeigt. Die rund 80 Millionen Iraner sind konsumfreudig und gut ausgebildet. Die besichtigten Firmen vor Ort stehen besser da, als viele der mitreisenden Unternehmer erwartet haben. Natürlich befinden sich in den Werken nicht die allerneuesten Maschinen; das war wegen der jahrelangen Sanktionen nicht zu erwarten. Unter Produktivitätsgesichtspunkten ist das Land einiges vom Weltmarktniveau entfernt. Auch die Vielzahl der Autos haben das Design der achtziger Jahre – oder älter. Doch dies ist eine Frage der Zeit. Wenn die Sanktionen Anfang 2016 fallen, dürfte die technologische Aufholjagd beginnen. Dank des Ölreichtums ist das nötige Geld vorhanden. Und dann öffnen sich dem Land auch wieder die Türen der internationalen Finanzmärkte. Für hiesige Unternehmer bedeutet das: es gibt vielfältigste Möglichkeiten, sei es für die Konsumbranche, die Autoindustrie, den Maschinenbau oder die Bauindustrie.

Doch Iran ist nicht China. Grund für Euphorie besteht nicht. Wer glaubt, sich in diesem Land eine goldene Nase verdienen zu können, verkalkuliert sich. Das wird nicht passieren. Auch wenn das Land der Mullahs Nachholbedarf hat, zweistellige Zuwachsraten wie in China wird es nicht geben. Dies werden die dortigen Politiker verhindern. Denn sie haben das Ziel, schnell neue Arbeitsplätze zu schaffen, damit der Aufschwung bei den Menschen ankommt – die Erwerbslosenquote in dem Land ist hoch, jeder zweite Hochschulabsolvent ist arbeitslos. Aber gleichzeitig muss die Politik die heimische Wirtschaft so lange schützen, bis sie mit ihren Produkten am Weltmarkt konkurrenzfähig ist. Dies geht über Importzölle oder überlange Genehmigungsverfahren für ausländische Produkte.

Die cleveren Iraner werden ihre Vorteile nutzen

Anfang 2016, wenn die Schranken fallen, wird der Run losgehen. Derzeit sondieren Wirtschaftsdelegationen aus allen Ländern den Iran. Bald sind es Unternehmen, die mit Qualität, Wartung, Zuverlässigkeit und über den Preis punkten wollen. Exporterfahrene deutsche Unternehmen haben da gute Chancen. Unerfahrenen droht auf dem nicht einfachen Markt die Gefahr, überrannt zu werden. Und die cleveren Iraner werden ihre Vorteile zu nutzen wissen.