Ab ins kühle Nass: Rund um die Landeshauptstadt gibt es viele Badestellen mit blitzsauberem Wasser. Nur einer der 21 Seen in der Region Stuttgart weist bei einer Untersuchung des Gesundheitsministeriums mangelhafte Qualität auf.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Region Stuttgart - Der Aichstrutsee bei Welzheim zieht sie geradezu magisch an. Astrid Szelest stoppt so oft wie nur möglich am Ufer, schnappt sich ihre Badesachen, die immer griffbereit im Auto liegen, und stürzt sich in das zurzeit knapp 20 Grad warme Seewasser. Die 44-jährige Sportlerin wohnt in Welzheim, sie ist bei der Stadt Backnang beschäftigt und kommt auf ihrer Fahrt zur Arbeit oder auf dem Heimweg täglich vorbei am Aichstrutsee.

 

Astrid Szelest ist auf dem Schafhof aufgewachsen, einem Weiler nur einen Steinwurf entfernt vom Aichstrutsee. „Ich liebe es, in dem See abzutauchen.“ Mit jedem Schwimmzug vergesse sie den Büroalltag. Wenn der Arbeitstag mal wieder zu lange gedauert hat, dann schwimmt sie – selbst bei Dunkelheit und bei jedem Wetter. „Speziell kalte Regentage haben ihren Reiz. Die härten mich ab.“

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315 Badeseen im Land überprüft

Der Aichstrutsee gehört zu den insgesamt 315 Seen im Land, die vom Gesundheitsministerium untersucht worden sind. Die Wasserqualität in „nahezu allen Badeseen“ Baden-Württembergs sei ausgezeichnet beziehungsweise gut, so das Ministerium. Die Gewässerkarte weist alle Seen aus, die während der Badesaison von Juni bis September regelmäßig kontrolliert werden. Die Ministerin Katrin Altpeter frohlockt, dass nun „ungetrübten Badefreuden nichts mehr im Wege steht“. Zumal für Pfingsten Lufttemperaturen von mehr als 30 Grad im Schatten angesagt sind.

Der Aichstrutsee ist ein Dorado für Wohnmobilisten

Der Aichstrutsee bei Welzheim-Seiboldsweiler im Schwäbischen Wald ist ein Dorado für Wohnmobilisten. Wenn es super warm ist, stehen die Camper dicht nebeneinander. An diesem sonnigen, aber nur mäßig warmen Nachmittag hält sich die Besucherzahl aber in Grenzen. Ein einsamer Schwimmer zieht im See seine Runden. Beim Restaurant Seeblick steht ein Angler, versucht sein Glück und ärgert sich über den Krauler, der Wellen schlägt. Nebenan hat eine Familie für den Nachmittagskaffee die Klappstühle vor den Wohnwagen gestellt. Ein Mädchen schwingt sich aufs Fahrrad und ruft: „Ich dreh noch mal ne Runde.“ Kurzurlaub am Rande der Region, Idylle pur. Am Aichstrutsee darf auch gezeltet werden. Es gibt einen Kiosk und Grillstellen. Anfang Juli pilgern wieder hunderte Sportler zum See, wo seit Mitte der 80er-Jahre der Welzheimer Triathlon gestartet wird.

Wildgänse und Weizen am Plüderhausener See im Remstal

Unten im Remstal sitzen die Wasserretter von der DLRG am Ufer des Plüderhausener Sees. Sie haben nicht übermäßig viel zu tun. Auf dem Steg, der in den See hineinführt, sonnt sich ein Biker. Der Betreiber des Kiosks macht sich gerne einen Spaß und schreibt die aktuellen heimischen Temperaturen und jene von beliebten Urlaubszielen auf eine Tafel. An diesem Tag lesen die Besucher: „Wasser Plüderhausen: 19 Grad. Sylt: 15 Grad.“ Ein Mann sitzt auf einer Bierbank, zischt ein Weizen. Im knietiefen Wasser des abgetrennten Badebereichs für Kinder planschen zwei Mädchen. Wer beim Schwimmen nicht aufpasst, der bekommt es in Plüderhausen womöglich mit den Wildgänsen zu tun. Eine ganze Schar des Federviehs lebt an dem See.

Der Eisenbachsee bei Alfdorf-Pfahlbronn

Der Eisenbachsee bei Alfdorf-Pfahlbronn liegt versteckt hinter einem hohen Wall. Jugendliche lümmeln am Ufer herum, hören Musik. Ein paar Schritte weiter hat sich ein älteres Ehepaar niedergelassen. Die beiden brutzeln sich auf einem mitgebrachten Grill ihr Abendessen. In dem Kiosk vor dem Wall sitzen eine Handvoll Motorradfahrer und fachsimpelt.

Nur ein paar Kilometer entfernt sind der Leinecksee und der Hagerwaldsee, beide wurden vor ein paar Jahren aus der Liste der Badegewässer gestrichen, was manche Ausflügler freilich nicht daran hindert, trotzdem baden zu gehen. Allein im Rems-Murr-Kreis gibt es aber sechs Seen, die das Ministerium als geeignete Badegewässer ausweist. Außer dem Eisenbachsee, dem Aichstrutsee und dem Plüderhausener See laden der Ebnisee bei Kaisersbach, der Fornsbacher Waldsee und der Ziegeleisee am Stadtrand von Schorndorf zu einem Kurzbesuch am Wochenende oder an einem lauen Abend ein.

Langstreckenschwimmer im Schorndorfer Ziegeleisee

Der Ziegeleisee ist der einzige, für den Eintritt verlangt wird. Der See gehört zum Oskar-Frech-Bad. Nur freitags zur Kulturnacht kommen die Besucher von 18 Uhr an gratis rein. Der See ist auch bei Leistungs- und Langstreckenschwimmern beliebt, denn an einer Seite wurde er in Beton gefasst, sodass eine genau 100 Meter lange Bahn entstand. Zu den Stammgästen gehört der Stuttgarter Extremschwimmer Bruno Dobelmann.

Der Ebnisee – im 18. Jahrhundert angelegt für die Flößerei

Am Ebnisee bei Kaisersbach ist der Parkplatz gut belegt durch Motorräder, die Biker kommen aus allen Ecken der Region. Rund um den See ist an diesem Nachmittag wenig los. Im Hochsommer müssen sich Schwimmer und Bootlesfahrer den See teilen. Jetzt indes liegen alle Boote am Ufer. Am Ebnisee, der im 18. Jahrhundert ursprünglich für die Flößerei angelegt worden ist, gibt es zwei Restaurants.

Der Waldsee ist behindertengerecht ausgebaut

Der Waldsee in Murrhardt-Fornsbach ist bestens erschlossen, auch für Rollstuhlfahrer. Mit Zuschüssen aus Brüssel wurden flache Einstiegsstellen angelegt, ein Boot mit Handkurbelbetrieb wurde gekauft, ein Informationsparcours für sehbehinderte Menschen angelegt. Am Seeufer gibt es außerdem einen Minigolfplatz, das Restaurant Kulinarium und dazu noch einen ganzjährig geöffneten Campingplatz.

Die Badeseen im Kreis Esslingen

Im Kreis Esslingen weist die Gewässerkarte den See Aileswasen bei Neckartailfingen, den Unteren See der Bürgerseen bei Kirchheim unter Teck sowie den Bissinger See aus. Der Bissinger See liegt einmalig: fast mitten im Zentrum der kleinen Gemeinde. Angeblich soll die berühmte amerikanische Schwimmerin Gertrude Ederle, die als erste Frau den Ärmelkanal durchschwommen hat, als Kind im Bissinger See das Schwimmen gelernt haben.

Neben Weinbergen: die Seewaldseen bei Vaihingen

Im Kreis Ludwigsburg werden nur der Obere und der Untere Seewaldsee zwischen den Vaihinger Teilorten Horrheim und Gündelbach in der Badegewässerkarte aufgeführt. Insider sagen augenzwinkernd, der Obere See sei für Nacktbader reserviert und der Untere See nichts für Zartbesaitete - wegen der Gräser, Schlingpflanzen, des Schilfs und des morastigen Wassers. Selbst wenn es im Hochsommer sehr heiß ist, hält sich der Andrang meistens in Grenzen.

An diesem Nachmittag, an dem eine Schlechtwetterfront dräut, ist der Besucher fast allein. Ein Pärchen spaziert die paar hundert Meter vom Parkplatz in Richtung der Seen. Gradeaus geht es zum Wasser, wer vorher rechts abbiegt, kommt zur Besenwirtschaft des Weinguts Allmendinger. Der Obere See liegt wildromantisch, ein schmaler Pfad führt am Ufer entlang, teilweise mitten durch den Wald. Auf der Wasseroberfläche wachsen Seerosen. Am Ufer des Unteren Sees gibt es Grillstellen, ein paar Tische und Bänke. Stellenweise hat man einen grandiosen Blick in Richtung der Weinberge.

Astrid Szelest, die Welzheimerin mit Faible für den Aichstrutsee, würde sich gewiss auch an den Seewaldseen pudelwohl fühlen. Aber sie dürfte künftig wohl eher noch mehr Zeit daheim an und in ihrem Aichstrutsee verbringen. Sie hat nämlich kürzlich den Fischereischein bestanden.