Die Gewässerkarte des Sozialministeriums weist in der Metropolregion Stuttgart viele Badestellen mit blitzsauberem Wasser aus. Die meisten Badeseen gibt es im Schwäbischen Wald rund um Welzheim.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Stuttgart/Welzheim - Drei-Sterne-Urlaub vor der Haustüre gefällig? Kein Problem. Die Gewässerkarte, die vom Landessozialministerium herausgegeben wird, listet im Großraum Stuttgart rund zwei Dutzend Badeseen mit blitzsauberem Wasser auf. Die meisten dieser beliebten Gewässer tragen das Prädikat „ausgezeichnet“ (drei Sterne), zwei wurden mit „gut“ (zwei Sterne) bewertet. Beste Wassergüte bedeutet allerdings nicht, dass Ausflügler im Wasser eine sonderlich weite Sicht haben. Das Wasser sei grünlich-trüb, aber „hygienisch einwandfrei“, so die Auskunft des Ministeriums.

 

Alle offiziell zugelassenen Badegewässer im Land werden nach den Vorgaben der Europäischen Union überwacht. Wobei die Gewässerkarte, die im Internet abgerufen werden kann, die Untersuchungsergebnisse des Vorjahres abbildet. Die aktuell vorgenommen Analysen würden an den Badestellen jeweils ausgehängt, sagt Anna Zaoralek von der Pressestelle des Ministeriums. Von Juni bis September würden in der Regel alle 14 Tage Proben genommen und auf mikrobiologische Verunreinigungen untersucht. Starke Wolkenbrüche und Hochwasser könnten quasi über Nacht Keime oder andere Schadstoffe einschwemmen. Daher sollten alle Schwimmer die ausgehängten Hinweise an den Seen beachten.

Badeseen in der Region Stuttgart

„Die Wasserqualität hat sich sehr gut entwickelt“

Die Wasserqualität habe sich in den vergangenen Jahren „sehr gut entwickelt“, berichtet die Sprecherin. Dazu beigetragen hätten regelmäßige Ortsbesichtigungen, gesetzliche Vorgaben für die Landwirtschaft und die Industrie sowie das „Aufspüren von unerlaubten Einleitungen“. Einige Seen mussten dennoch aus der Liste der geeigneten Badestellen gestrichen worden, wie beispielsweise der Leinecksee und der Hagerwaldsee.

An der Wasserqualität der Seen, die „nur“ mit der Note gut abgeschnitten haben, gibt es nicht viel zu mäkeln. Der Aichstrutsee bei Welzheim zum Beispiel hat nur zwei Sterne, weil bei einer einzigen Messreihe im Juli vergangenen Jahres etwas erhöhte Werte bei Kolibakterien festgestellt worden waren.

„Ein Tag am See fühlt sich an wie Urlaub“

Die Seen rund um die Landeshauptstadt spielten für die Lebensqualität der Menschen im Ballungsraum eine nicht zu unterschätzende Rolle, sagt Andrea Gerlach von der Stuttgart Marketing GmbH. „Wasser ist immer ein wichtiger Freizeitfaktor.“ Sie könne zwar keine konkreten Besucherzahlen nennen, aber die Seen seien sehr beliebt. Die Region Stuttgart hat ein Flugblatt mit dem Titel „Badevergnügen“ aufgelegt, es listet 34 Badestellen auf. Ein ganzer Tag an einem See, beispielsweise im Schwäbischen Wald, „fühlt sich doch an wie Urlaub“, sagt Gerlach. Sie selbst gehe am aller liebsten im Aichstrutsee schwimmen, das Gelände sei bestens geeignet für Familien.

Wildgänse, Triathleten und Bootlesfahrer

Obwohl das Frühjahr eher bescheidenen war, hat das Wasser in den sechs überwachten Seen im Rems-Murr-Kreis recht angenehme Temperaturen: knapp über 20 Grad Celsius im Ziegeleisee des Schorndorfer Frech-Bads, im Plüderhausener See und Fornsbacher Waldsee. Selbst in den höher gelegenen Seen im Schwäbischen Wald hat das Wasser knapp 20 Grad.

Der Plüderhausener See

Der Plüderhausener See

Der Betreiber des Kiosks am Plüderhausener See notiert nicht nur die Temperatur des Gewässers vor der Türe, sondern auch täglich mindestens eine Meldung aus einem beliebten Urlaubsgebiet. An diesem trüben Nachmittag steht auf der Tafel: „Plüderhausener See: Wasser 21,5 Grad, Sylt 16 Grad“. Warum also in die Ferne schweifen? Ein braun gebrannter Mann steigt soeben aus dem See. Eine ältere Dame hat sich gerade wieder angezogen, sie will nach dem Erfrischungsbad heimfahren. Warum sie gerne zu diesem See kommen, wollen die zwei Wiederholungstäter zunächst lieber nicht sagen. Jedes Lob für den tollen See treibe nämlich noch mehr Schwimmer in das ohnehin oft überlaufene Naherholungsgebiet. Dann erzählen sie aber doch: dass manche Schwimmer morgens nur mit dem Bademantel bekleidet im Auto kämen und von Fröschen und Krähen am See. Alles ganz toll. Nur die vielen Wildgänse, die störten. „Die scheißen nämlich alles voll.“

Der Ziegeleisee in Schorndorf

Der Ziegeleisee im Schorndorfer Frechbad

Der ehemalige Ziegeleisee gehört längst zum Oskar-Frech-Bad in Schorndorf. Für die Gewässerexperten des Ministeriums ist der See aber eine „neue Badestelle“ – stimmt zwar nicht wirklich, aber egal. Nach dem Umbau des gesamten Geländes muss der See als „neue“ Badestelle vier Jahre lang erprobt werden. Der Ziegeleisee ist der einzige See, für den Schwimmer Eintritt bezahlen müssen. Freitags zur Kulturnacht, sagt der Bademeister Robin Bellmann, komme man aber von 18 Uhr an auch umsonst rein. In dem Bad gibt es eine Rutsche, Tischtennisplatten, ein Beachvolleyballfeld, einen Sandstrand und eine genau 100 Meter lange, in den See betonierte Bahn. An diesem Nachmittag ist nicht viel los. Ein Stammgast fläzt auf einem Liegestuhl. Er erzählt, dass er Vorruheständler sei und bei fast jedem Wetter nach dem Mittagessen komme, ausruhe und dann 1000 Meter schwimme.

Der Eisenbachsee bei Pfahlbronn

Der Eisenbachsee bei Pfahlbronn

Etwas versteckt hinter einem großen Wall mitten im Wald bei Alfdorf-Pfahlbronn liegt der Eisenbachsee. Ein schmaler Weg führt um den See. Es gibt einen Bacherlebnis- und einen Waldtierpfad. Der Kiosk gleich hinter dem Wall heißt jetzt „Andy’s Corner“ und hat einen neuen Pächter: Andreas Kleindienst. Wenn das Wetter einigermaßen mitmache, dann sei unter der Woche von 11 Uhr an geöffnet, sagt der Mann, der sich als „Hobbykoch und Kraftfahrer“ vorstellt. An diesem Nachmittag macht Andy vermutlich kein großes Geschäft. Ein paar Stammgäste sitzen zusammen mit dem Hausherrn unter dem Vordach, einige trinken ein Bierchen, manche Kaffee. „Wir haben den See mit dem besten Wasser, aber die Gemeinde macht nichts draus“, klagt ein Mann. Und der Hobbykoch sagt: „Meine Currywurst kommt gut an bei den Leuten.“

Der Ebnisee bei Kaisersbach

Der Ebnisee bei Kaisersbach

Den Ebnisee bei Kaisersbach müssen sich die Schwimmer mit den Bootlesfahrern teilen. Am Ufer kann man sich Tret- und Ruderboote ausleihen. Es gibt mehrere Kioske und ein Wirtshaus. Vier Ehepaare, alle im Rentenalter, steigen aus ihren Autos. Sie sind nicht zum Schwimmen gekommen, sondern zum Wandern – und zwar von weit her. Man kenne sich seit Jahrzehnten. Alle hätten früher in Barcelona gearbeitet, berichtet einer der Herren. Einmal im Jahr treffe man sich zum Wandern, mal in Mallorca, mal in Frankreich und diesmal eben im Schwäbischen Wald.

Der Waldsee in Murrhardt-Fornsbach

Der Fornsbacher Waldsee

Der Waldsee in Murrhardt-Fornsbach ist gut erschlossen, seit neuestem auch für Rollstuhlfahrer. Es gibt ein Boot mit Handkurbelbetrieb, flache Einstiegsstellen und auch für sehbehinderte Menschen einen Informationsparcours. „Das Wasser hat schon 23 Grad“, berichtet Roswitha Fahrion, die den Campingplatz am Seeufer führt. „Aber wir brauchen jetzt gutes Wetter“, sagt die Geschäftsfrau und erzählt dann, dass am Vortag ein Ehepaar aus England angekommen sei. Der See hat einen Sandstrand, es gibt einen Kiosk, das Restaurant Kulinarium, einen Minigolfplatz und einen Bootsverleih.

Der Aichstrutsee bei Welzheim

Der Aichstrutsee bei Welzheim

Am Wochenende wird der Aichstruter Stausee bei Welzheim-Seiboldsweiler den größten Besucheransturm der Saison erleben. Am Samstag um 13 Uhr wird der traditionelle Triathlon gestartet. Diesmal sind ein paar Profis dabei. Zuschauer sind willkommen. Der See ist auch ein Geheimtipp für Camper. Es hat sich offenbar herumgesprochen in der Szene, dass der See und der Parkplatz bestens geeignet sind für mobile Urlauber, die dazu noch einen Kiosk, das Restaurant Seeblick, eine Zeltwiese und Grillstellen vorfinden.

Auf der Suche nach Kolibakterien

Wasseruntersuchung Das Wasser der Badeseen wird auf Kolibakterien und auf sogenannte Enterokokken untersucht. Diese beiden Stoffe seien Indikatoren für fäkale Verunreinigungen, sagt Jens Fleischer vom Landesgesundheitsamt. Andere Schadstoffe seien in den Seen, die keine Zuflüsse haben, nicht zu erwarten.

Selbstreinigung Die Badeseen im Land hätten die Fähigkeit, sich bis zu einem gewissen Grad selbst zu reinigen, sagt Fleischer. Die Mikroorganismen im Wasser seien in der Lage, fäkale Belastungen abzubauen. Das sei auch wegen der im Vergleich zu einem Freibad riesigen Wassermenge möglich, erläutert der Fachmann.

Badeseen Landesweit listet die Gewässerkarte insgesamt 317 Badeseen auf. Vom Baden und Schwimmen in den Flüssen rät das Sozialministerium ab, verboten sei es allerdings nicht.

Der Schwimm-Schreiber

Der StZ-Redakteur Martin Tschepe ist seit fast 40 Jahren Wettkampfschwimmer. Er trainiert von Ende April bis Ende September, manchmal auch bis in den Oktober hinein, im Aichstrutsee bei Welzheim – mindestens einmal wöchentlich. Dann schwimmt er zwischen zwei und maximal fünf Kilometern.