Das Land feiert 60 Jahre Einheit. Andere sind getrennt bis heute: die Bauern- und Sportverbände etwa und das Rote Kreuz.

Stuttgart - Die Grenzen, die Napoleon 1806 zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg ziehen ließ, sind zwar von den üblichen Karten verschwunden, doch die beiden großen Kirchen halten sich immer noch daran – sowohl die evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg wie auch die katholischen Bistümer Freiburg und Rottenburg-Stuttgart. Jeweils miteinander zu fusionieren – „daran hat bei uns noch niemand gedacht“, sagt Robert Eberle, der Pressesprecher der Erzdiözese Freiburg. Zudem stellen die Landeskirchen alle vier im Bundesvergleich recht große Einheiten dar – zu große, wenn sie zusammengingen, wie auch Daniel Meier von der evangelischen Landeskirche in Baden meint.

 

Viele Organisationen im Land, von der Israelitischen Kultusgemeinde über die Bauernverbände bis hin zu den Sportlern, haben in der Regierungszeit von Erwin Teufel den Druck gespürt, endlich zur Einheit zu finden. Teufel drängte in den neunziger Jahren zur Fusion. Erfolg hatte er nur beim Rundfunk, den Landesbanken und den großen Genossenschaftsverbänden.

Alle anderen machten in ihren alten Grenzen weiter. Die können kunterbunt verlaufen, je nachdem, wann sie definiert wurden. Das Badische Rote Kreuz (BRK) hält sich immer noch weitgehend an das Staatsterritorium, das durch Leo Wohlebs Versuch eines eigenständigen Staats Baden definiert worden ist. Auch wenn dies mitunter Probleme bereitet, etwa in der Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen beim Katastrophenschutz, ist zur Fusion niemand bereit. Da mache schon die Basis nicht mit, sagt die BRK-Geschäftsführerin Birgit Wiloth-Sacherer: Dann verliere der Verband seine Identität.

Es geht um Mentalitäten und Traditionen

Ähnliches hört man oft von Verbänden und Organisationen, die an der alten Gliederung festhalten, statt einen großen Landesverband zu bilden. Es geht um unterschiedliche Mentalitäten, um gewachsene Verbandskultur oder um besondere Problemlagen etwa der Bauern im Schwarzwald und im Rheintal, die der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband dann nicht mehr ausreichend berücksichtigt sähe.

Die gröbsten Fingerhakeleien zwischen Württembergern und Badenern gehören allerdings der Vergangenheit an. Die Bistümer beispielsweise unterhalten in Stuttgart ein gemeinsames Büro, um gegenüber der Landesregierung mit einer Stimme zu sprechen.

Dass der Badische Landesverband für soziale Rechtspflege und der Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg die Straffälligenhilfe teilen, liegt daran, dass auch die Justiz im Land sich mit zwei Oberlandesgerichten und zwei Generalstaatsanwaltschaften weiterhin badisch-württembergisch zweigeteilt zeigt. Und sie hat nicht nur Teufels Fusionsbestrebungen erfolgreich überstanden, sie hat sogar die Gebietsreform der siebziger Jahre weitestgehend nicht nachvollzogen. So tragen auch staatliche Institutionen dazu bei, dass Baden-Württemberg alles kann – außer offenbar den Einheitsstaat.