Der Syrer Ammar Almhamid ist als Schwimmmeister im Bädle auf der Schlotwiese beschäftigt. Wenn dort am Sonntag die Saison endet, läuft sein Arbeitsvertrag aus. Wie es weiter geht, weiß der 40-Jährige bislang noch nicht.

Zuffenhausen - - Wenn das Bädle am Sonntagabend die Tore schließt und die diesjährige Saison beendet ist, dann muss Ammar Almhamid Abschied nehmen: Seit knapp vier Wochen arbeitet der Syrer dort als Schwimmmeister; am 11. September ist Schluss. „Ich bin sehr gerne hier“, sagt der 40-Jährige. Wie es für ihn weiter geht, das weiß er nicht: „Ich suche eine neue Arbeit oder einen Ausbildungsplatz.“ Doch damit nicht genug. Das Gebäude, in dem er in Birkach zusammen mit seiner schwangeren Frau und den vier Kindern lebt, soll abgerissen werden. Eine neue Bleibe ist bislang nicht in Sicht.

 

Drei Stunden ist Almhamid täglich mit Bus und Bahn unterwegs, um von Birkach nach Zuffenhausen und wieder zurück zu kommen. Im Vergleich zu der Odyssee, die er und seine Familie im Sommer vergangenen Jahres hinter sich gebracht haben, erscheint das eher wie ein Klacks: Von Syrien ging es per Schiff zunächst in die Türkei und dann nach Griechenland. Mit dem Bus führte die Reise weiter nach Serbien, nächste Station war Ungarn. Per Auto landete die Familie dann, nach insgesamt 20 Tagen Flucht, in München. 12 000 Euro hat Almhamid an Schlepper bezahlt, um aus seiner Heimatstadt Daraa, die gut 100 Kilometer südlich von Damaskus an der Grenze zu Jordanien liegt, fliehen zu können.

Im Bädle ist man froh über den neuen Kollegen

Nach einem einmonatigen Aufenthalt in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Ellwangen kam die Familie schließlich am 6. November nach Stuttgart, wo sie zunächst für vier Monate in der Flüchtlingsunterkunft „Im Wolfer“ in Plieningen untergebracht wurde. Dann folgte ein Glücksfall für Almhamid, seine Frau Samar, die drei Töchter Raghad, Farah, Rand und den Sohn Faisal, sie konnten in eine Dreizimmer-Wohnung in Birkach ziehen. „Dort ist es sehr schön, wir haben genug Platz“, sagt Almhamid. Allerdings soll das Gebäude in einigen Wochen abgerissen werden.

Ins Zuffenhäuser Bädle kam der 40-Jährige durch Vermittlung des Freundeskreises Flüchtlinge Plieningen-Birkach und der DLRG Stuttgart. Durch eine kurzfristige Kündigung, das berichtet Helmut Joneleit aus dem Vorstand des SSV Zuffenhausen, habe im Bädle akuter Personalmangel geherrscht. Deshalb habe man sich an die DLRG gewandt, die dann Almhamid ins Spiel brachte. Der Syrer war in seiner Heimat als Sport- und als Schwimmlehrer tätig. In Plieningen erwarb er das DLRG-Rettungsschwimmerabzeichen in Silber.

Dieter Kugler, seit 29 Jahren Schwimmmeister im Bädle, ist froh über seinen neuen Kollegen: „Wir sind von Anfang an gut miteinander zurecht gekommen.“ Auch seitens der Badegäste habe es keinerlei negative Äußerungen gegeben. Almhamid arbeitet vor allem als Aufsicht – sieben Tage die Woche jeweils von 13 bis 19 Uhr. „In den letzten Tagen war es sehr heiß, es waren sehr viele Leute im Bad und es gab viel zu tun“, erzählt er. Sein Deutsch ist recht gut, täglich wird es ein wenig besser, er besucht regelmäßig zusammen mit seiner Frau einen Kurs. Manchmal gibt es freilich Situationen, da muss er seine Kollegen um Rat fragen. So wurde der Syrer einmal gefragt, wo man im Bad denn einen Tischtennisschläger ausleihen könne. Dieses schwierige Wort hatte er bis dahin noch nie gehört.

Hin und wieder bekommt Ammar Almhamid im Bädle Besuch von seiner Familie. „Ich kann schon richtig schwimmen“, erzählt die elfjährige Raghad. Sie ist froh, dem Krieg im Heimatland entkommen zu sein. „Ich habe viele tote Kinder gesehen, das hat sehr weh getan“, berichtet sie. Immer wieder seien Bomben gefallen, das Haus eines Nachbarn wurde zerstört. „Es ist sehr gut in Deutschland. Alle sind nett und helfen uns“, erzählt die Elfjährige in hervorragendem Deutsch.

Seitens des SSV, das sagt Helmut Joneleit, könne man sich vorstellen, Almhamid auch künftig zu beschäftigen. Eine Arbeitserlaubnis hat der Syrer, die Familie darf drei Jahre in Deutschland bleiben. Ginge es nach Almhamid, könnte daraus eine viel längere Zeit werden: „Ich bin Deutschland sehr dankbar und möchte gern hier bleiben.“ Syrien, wo seine Mutter und seine Geschwister noch leben, möchte er erst wieder besuchen, wenn es dort nicht mehr gefährlich ist. „Irgendwann“, das sagt Almhamid und seine Augen werden ein bisschen feucht, „irgendwann geht jeder Krieg zu Ende.“