Die Baumfällarbeiten gehen im Eltempo voran - der Stuttgarter Schlossgarten wirkt wie eine Festung.

Stuttgart - Der Stuttgarter Schlossgarten wirkt wie eine Festung: Das etwa vier Hektar große Gelände wird mit einem drei Meter hohen Zaun abgesperrt, mehrere hundert Polizisten sichern die Zugänge ab und patrouillieren um den Hauptbahnhof. Während die Bahn im Eiltempo für ihr Großprojekt „Stuttgart 21“ einen Baum nach dem anderen im Park fällt und verpflanzt, wird allmählich Dimension der „größten Baugrube Europas“ sichtbar.

 

Über die einstige Liegewiese im mittleren Schlossgarten, auf der kurz zuvor noch Zelte, Baumhäuser und Barrikaden von „Stuttgart 21“ standen, rollen nun Baumfällmaschinen. Noch am Tag des Polizeieinsatzes sind 20 kleine Bäume gefallen. Am Folgetag werden die ersten großen gefällt, darunter eine von den „Parkschützern“ ehemals besetzte Schwarzpappel. Zügig knicken Kräne mit Fällvorrichtungen Bäume ab, Äste werden geschreddert, die Stämme für die weitere Verwendung gestapelt. Man sei im Zeitplan, betont Tobias Rauch von DB Projektbau. „Bis zum 29. Februar sind wir fertig“, versichert er. Noch vor Beginn der Vegetationszeit Ende Februar müssen 174 Bäume versetzt oder gefällt sein.

Neue Standorte der Bäume bleiben vorerst geheim

Mehrere hundert Schaulustige und „Stuttgart 21“-Gegner verfolgen von der Absperrung aus, wie die ersten von insgesamt 68 Bäumen ausgepflanzt werden. Eine riesige Rundspatenmaschine schiebt ihren Spaten um eine zehn Meter hohe Eibe und hebt sie mit etwa vier Meter Durchmesser aus der Erde. Danach wird der Baum zusammengebunden und auf der Maschine liegend durch die Stadt zu ihrem neuen Standort gefahren und sofort eingepflanzt. Wo, wird aus Sicherheitsgründen nicht verraten. Der Baumsachverständige der Bahn, Bodo Siegert, ist sich sicher, dass die Eibe die Umpflanzung überleben wird. „Wir denken, dass das keine Einflüsse hat“, sagte er. Rosskastanien und Platanen, die ein breiteres Wurzelgeflecht hätten, hätten es schon schwerer. Für den Naturschutz muss die Bahn einigen Aufwand betreiben: Am Rand des Baufelds ist eine Gruppe von 20 Bäumen, in denen der streng geschützte Juchtenkäfer wohnt, durch gesonderte Zäune von den Fällmaßnahmen geschützt. Ab dem Frühjahr soll ein zusätzlicher Krabbelschutzzaun den Käfer in seinem Schutzreservat halten.

Extra Zäune für geschützte Arten

Baustellen-Leiter Rauch zeigt zudem zwei Platanen, in denen jeweils eine seltene Fledermaus ihren Winterschlaf hält. Sie dürfen erst im Herbst gefällt werden. Dass das Getöse der Maschinen die Tiere wecken könnte, sorgt Rauch nicht. „An den Bäumen ist ein Sensor befestigt, der die Bewegungen misst“, erklärt er. Derzeit schliefen die Tiere noch fest. Auch die gefällten Bäume werden auf Empfehlung eines Expertenforums nicht einfach entsorgt: Die als „Totholz“ markierten Stämme sollen in Kindergärten und Schulen den Prozess der Verrottung veranschaulichen. Als „Kunstholz“ gekennzeichnete Stämme werden für Kinderspielplätze oder Behindertenwerkstätten verarbeitet.