An der Echterdinger Straße entsteht ein neues Zuhause für die geschützten Zauneidechsen. Die müssen im Zuge der Neubaustrecke für Stuttgart 21 umgesiedelt werden.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Plieningen - Wer häufig über die Echterdinger Straße nach Plieningen fährt, dem ist es vielleicht schon aufgefallen: An einem dreieckigen Zipfel Land an der Ecke der Echterdinger Straße zur Landesstraße 1192 entstehen seit einigen Wochen Häufchen: Häufchen aus Holzzweigen aufgeschichtet, Häufchen aus Kiessteinen und einige aus Beton.

 

Hier entsteht ein Zuhause für wechselwarme Reptilien, nämlich für Zauneidechsen. Die sind eine streng geschützte Art – und kommen an einigen Stellen, ähnlich dem Juchtenkäfer, den Bauarbeiten für Stuttgart 21 in die Quere.

Auch im Bereich der Autobahn A 8 ist dies der Fall, wie ein Sprecher des Bahnprojekts bestätigt. „Die Zauneidechsen leben im Bereich Frauenbrunnen“, erklärt er. Dieses Gebiet liegt auf Gemarkung Plieningen im westlichen Bereich des Bezirks, inmitten von Feldern und Wald. Um die Tiere vor den Bauarbeiten für die Neubaustrecke von Stuttgart 21 zu schützen, muss die Bahn sie laut Vorschrift umsiedeln. 2017 soll das geschehen.

Ein Mäuerle zum Aufwärmen

Die neue Heimat der rund 15 Reptilien soll dann eben der Zipfel an der Echterdinger Straße werden. Das ist mitunter nicht das leichteste Unterfangen, sagt die Zoologin und Kuratorin für Reptilien in der Wilhelma, Isabel Koch. „Es ist nicht einfach, sich hineinzudenken in das, was die Tiere wollen“, sagt sie. „Die Eidechsen sind primär erst einmal nicht glücklich, wenn sie umgesiedelt werden.“ Schließlich sei jedes neue Habitat zunächst einmal eines, das sich die Tiere nicht selbst ausgesucht haben.

Zauneidechsen sind eine streng geschützte Art. Foto: Fotolia
Damit es den Zauneidechsen trotzdem gefällt und sie am neuen Ort bleiben, sind „gute Strukturen“ notwendig, erklärt die Expertin. Eben solche, wie das Habitat an der Echterdinger Straße aufweist: „Man braucht ein warmes Mäuerle zum Aufwärmen“, erklärt Isabel Koch. „In einem sandigen, erdigen Bereich können die Eidechsen ihre Eier verbuddeln“. Auch die Holzhaufen seien zum Verstecken und Überwintern wichtig. Diese Ausstattung darf aber laut Koch nicht alleine in der Landschaft herumstehen. „Es braucht eine große Vielfalt an Pflanzen, damit möglichst viel herumrennt, was die Eidechsen gerne essen“, sagt sie. Sprich: Viele Pflanzen mit vielen Blüten sollen viele Insekten anlocken. Wo die Eidechsen zu Hause sind, sollen sie schließlich auch gut speisen können. „Ein solches Habitat muss sich eine Weile etablieren, damit es für die Eidechsen schön wird“, ergänzt Isabel Koch.

Das deckt sich mit den Planungen der Bahn: Die Arbeiten am Habitat sind fast abgeschlossen, nun sollen Gräser, Bäume und Büsche in Ruhe wachsen, bis der Zeitpunkt der Umsiedelung gekommen ist.

2017 sollen die Tiere umgesiedelt werden

Wann genau die Zauneidechsen im kommenden Jahr umgesiedelt werden, kann die Bahn derzeit noch nicht sagen. Möglich ist dies nur im Frühjahr oder im Herbst, „wenn die Tiere gerade nicht mitten in der Paarungszeit oder Überwinterung stecken“, sagt der Bahnsprecher. Das Habitat wird eine dauerhafte Einrichtung an der Echterdinger Straße werden. Gerade deshalb hofft Isabel Koch noch auf einige Veränderungen. „Es sieht bisher recht steril und eintönig aus“, meint die Expertin. Sie hofft nun, dass bis zur Umsiedlung im kommenden Jahr noch weitere kleine Büsche und Bäume angepflanzt werden: „Die Eidechsen sonnen sich zwar gerne, brauchen aber auch sonnengeschützte Bereiche.“

Sie hält zudem das Gebiet zwischen Feldern und Autobahn für nicht ideal. „Wenn die Eidechsen eine solche Gegend toll fänden, wären sie da schon von alleine hingegangen.“ Koch ergänzt: „Sicher hatte man nicht allzu viele Gebiete zur Auswahl, das ist ja verständlich.“ Aber sie bleibt bei ihrer Einschätzung. Auch der schwarze Krötenzaun, der das Habitat umschließt, ist ihr aufgefallen. „Die Eidechsen können nicht drüber. Geschützt sind sie damit aber auch nicht – die natürlichen Feinde aus der Luft kommen ja trotzdem an sie heran.“

Auch unter den Plieninger Landwirten sieht man das Eidechsenhabitat kritisch. „Es ist ja eine landwirtschaftliche Fläche, die dort verloren gegangen ist“, erklärt der Ortsobmann Michael Gehrung. Es sei nicht das erste Feld mit dem guten Filderboden, das großen Bauprojekten wie der Messe oder eben Stuttgart 21 zum Opfer gefallen sei. „Hier verlieren wir noch ein Stück mehr“, sagt Gehrung. Problematisch für die angrenzenden Felder sei auch das Unkraut, das auf dem Habitat wachse und sich ausbreite.