Kritiker halten die Begründung des Schienenkonzerns für seine Preiserhöhungen für windig. So könne das Unternehmen seinen Strom beispielsweise relativ günstig einkaufen, meinen die Kritiker.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Am Sonntag ist Fahrplanwechsel bei der Deutschen Bahn. Und wieder steigen die Ticketpreise, dieses Mal um 2,8 Prozent. Damit hat sich das Bahnfahren in den letzten zehn Jahren um satte 35 Prozent verteuert. Die Kritik verärgerter Kunden an den Zuschlägen reißt nicht ab. Besonders die Begründung mit höheren Energiekosten erscheint Experten fragwürdig.

 

Seit 2003 hat die Deutsche Bahn die Fahrpreise im Fern- und Nahverkehr regelmäßig nach oben geschraubt und um insgesamt 35 Prozent erhöht, mehr als doppelt so viel wie die allgemeine Preissteigerung in dieser Zeit. Hinzu kommen versteckte Zuschläge, wie eine Übersicht des Bündnisses Bahn für Alle zeigt. So verteuerte sich die Kundenkarte Bahncard 50, mit der Tickets nur die Hälfte kosten, um 79 Prozent. Und Reservierungen wurden in den zehn Jahren sogar um 108 Prozent teurer. Der Konzern verweist Kritiker gerne darauf, dass Mobilität insgesamt nicht billiger geworden ist. Das stimmt insoweit, dass auch fürs Autofahren und Fliegen immer mehr gezahlt werden muss. „Was uns jedoch ärgert, ist die Tatsache, dass die Bahn zwar immer mehr verlangt, die Angebote aber nicht im gleichen Maße besser werden“, bemängelt Heide Tischmann vom ökologischen Verkehrsklub VCD.

Ein krasses Beispiel: der Fernverkehr. Weil das Schienennetz vielerorts in schlecht gewartetem Zustand ist und zudem Züge wegen Mängeln und Lieferverzögerungen fehlen, fahren viele ICE und IC-Züge seit Jahren dem Fahrplan hinterher. Schon im Oktober sank der von der DB veröffentlichte Pünktlichkeitswert von 77,4 auf nur noch dürftige 72,6 Prozent. Mehr als ein Viertel der Fernzüge kam also zu spät. Und das ist nur die halbe Wahrheit. Die Stiftung Warentest ermittelte mehrfach noch viel schlechtere Werte. Der Konzern erfasst nämlich nur Verspätungen ab sechs Minuten und zählt komplett ausgefallene Züge gar nicht mit.

Für Unmut sorgen auch die Begründungen, mit denen die Bahn die höheren Fahrpreise rechtfertigt. Denn der Konzern verweist auf die zweifelsohne stark gestiegenen Verbraucherpreise für Energie, die auch den Transportriesen als größten Stromverbraucher der Republik träfen. Doch die Bahn bekommt ihre Stromrechnungen von der konzerneigenen DB Energie. Diese kauft als Großkunde mit hohen Rabatten die nötigen Energiemengen ein. Der Konzern verteidigt die Fahrpreiserhöhungen inzwischen mit einem weiteren Argument: dem Ausbau von grüner Energie. Ab April 2013 sollen alle Fernzüge zu 75 Prozent mit Strom aus Wind- und Wasserkraft fahren.