Bahnchef Rüdiger Grube kann länger an der Spitze der Deutschen Bahn bleiben, teilte die Bahn mit. Der Aufsichtsrat werde im Januar seinen auslaufenden Kontrakt erneuern. Er ist seit 2009 im Amt.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat am Mittwoch in Berlin der Mittelfristplanung bis 2021 zugestimmt. Auch die Arbeitnehmervertreter im 20-köpfigen Kontrollgremium des größten Staatskonzerns gab die Budget- und Wirtschaftspläne von Konzernchef Rüdiger Grube frei. Noch bis zum späten Vorabend hatte eine Blockade wegen der Rotstiftpläne bei Europas größter Güterbahn DB Cargo AG gedroht.

 

Dieses Misstrauensvotum gegen Grubes Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ konnte die DB-Spitze in letzter Minute noch abwenden. Dabei spielte offenbar auch ein Treffen des Aufsichtsrats-Präsidiums eine Rolle. Dort sitzen neben Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht sein Vize Alexander Kirchner, der Chef der Bahngewerkschaft EVG, sowie Konzernbetriebsratschef Jens Schwarz und Staatssekretär Michael Odenwald als Vertreter der Bundesregierung.

Die massiven Probleme der Bahn im Güterverkehr und die neue strategische Ausrichtung sollen nun nach Informationen unserer Zeitung auf einer Sondersitzung des Aufsichtsrats am 30. Januar weiter beraten werden. Dann soll laut einer DB-Pressemitteilung wie erwartet der Vertrag von Grube verlängert werden, der Ende 2017 ausläuft. Grube soll auch das wieder abgespaltene Technikressort übernehmen.

Sparpläne bei der DB Cargo liegen auf Eis

Die Sparpläne bei der verlustreichen DB Cargo AG liegen vorerst weiter auf Eis. In mehr als einem Dutzend Verhandlungsrunden zwischen der Bahn und den Betriebsräten gab es bisher keinen Konsens. Nach aktuellem Stand sollen 2147 Arbeitsplätze und viele regionale Niederlassungen wegfallen, der Verlust von 173 Verladestellen steht bereits fest. Zudem sehen die Konzepte der DB-Spitze die Schließung zahlreicher Reparaturwerke vor, die Pläne wurden aber teils auf die Zeit nach der Bundestagswahl 2017 vertagt. Tausende Beschäftigte hatten zuletzt gegen die Rotstiftkonzepte demonstriert.

Der Aufsichtsrat, in dem die Arbeitnehmerseite die Hälfte der Stimmen und die EVG allein neun Vertreter hat, beschloss zudem den weiteren Aufstieg des Ex-Kanzleramtschefs Ronald Pofalla zum Nachfolger des bisherigen Infrastrukturvorstands und „Mister Stuttgart 21“ Volker Kefer. Der CDU-Mann Pofalla wird zum Jahreswechsel die wichtigste Sparte des Staatskonzerns übernehmen und soll trotz anhaltender Kritik in Doppelfunktion auch weiterhin Cheflobbyist bleiben. Neben den Zielvereinbarungen 2017 für die Gehälter der DB-Spitze stimmte der Aufsichtsrat auch der Verlängerung des Vertrags von Personalchef Ulrich Weber bis Ende 2018 zu.

Teils mit Skepsis nahmen die Aufsichtsräte den Lagebericht von Grube und die Mittelfristplanung zur Kenntnis. In der fast achtjährigen Amtszeit des DB-Chefs wurden viele Umsatz- und Ertragsziele verfehlt. Voriges Jahr bilanzierte der Staatskonzern wegen riesiger Abschreibungen einen Rekordverlust von 1,3 Milliarden Euro, zudem wuchs der Schuldenberg bis Mitte 2016 auf fast 18,2 Milliarden Euro.

Grube musste im Herbst Teilprivatisierung von Arriva und Schenker abblasen

In diesem Jahr will die DB operativ einen Gewinn von mindestens 1,9 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) einfahren und unterm Strich einen Überschuss von wenigstens 500 Millionen Euro erzielen. Für 2017 wurden die Umsatz- und Ertragszahlen nach unten korrigiert, auch wegen der Ertragsschwäche der britische Bus- und Bahntochter Arriva sowie der Spedition Schenker.

Die geplante Teilprivatisierung von Arriva und Schenker musste Grube im Herbst abblasen, auch weil es in der SPD und in Arbeitnehmerkreisen Widerstand gegen den Einstieg und die Mitbestimmung privater Investoren und Fonds gab. Weil so Einnahmen von bis zu fünf Milliarden Euro ausbleiben, hätten sich die Finanzprobleme des Konzerns noch mehr verschärft.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte dem Konzern deshalb im Herbst Entlastungen von insgesamt 2,4 Milliarden Euro bis 2020 zu. Demnach sollte die DB ab 2017 nur 600 statt 950 Millionen Euro Dividende beim Bund abliefern, eine weitere Milliarde zur Aufstockung des Eigenkapitals fließen. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat aber nur 350 Millionen Euro weniger Dividende für 2017 genehmigt und zunächst nur 500 Millionen Euro Kapitalaufstockung aus Steuermitteln.

Auch Stuttgart 21 auf der Tagesordnung

Diese Finanzierungsfragen standen unter Tagesordnungspunkt 5 ebenfalls zur Debatte im DB-Aufsichtsrat. Allein beim mehrfach verteuerten Großprojekt Stuttgart 21 muss der Konzern bereits 3,5 Milliarden Euro Eigenanteil stemmen. Ein Großteil der DB-Ausgaben fällt ab 2019 an. Unter TOP 5.6 wurde der Aufsichtsrat über den Stand des Projekts informiert.

Dazu lag allen Kontrolleuren auch die Langfassung des externen Prüfberichts von KPMG/Basler vor. Die Gutachter warnen davor, dass die Risiken des Tunnelbaus im schwierigen Stuttgarter Anhydrit-Untergrund bisher von der DB als Bauherr massiv unterschätzt wurden. Wegen möglicher Bau- und Betriebsprobleme könne sich S21 bis zu drei Jahre verzögern und erst 2024 fertig werden, was dann weitere Mehrkosten zur Folge hätte.