Alarmiert durch das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof fordert der Stuttgarter OB Fritz Kuhn eine Zusage von der Bahn, dass die Mitarbeiter ausreichen.

Stuttgart - Das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof hat auch Stuttgart erreicht – zumindest auf der politischen Ebene. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) forderte am Donnerstag von der Bahn eine „verbindliche Zusage, dass die Personaldecke im Stellwerk der Landeshauptstadt beziehungsweise in der Region ausreichend ist, um einen reibungslosen Zugverkehr zu gewährleisten“. Angesichts der Betriebseinschränkungen in Mainz müsse die Bahn Klarheit schaffen, ob der Bahnknoten Stuttgart belastbar ist. Die Bahn sieht indes keinen Grund zur Beunruhigung. „Die Stellwerke in Stuttgart und im Land sind grundsätzlich arbeitsfähig“, sagte eine Sprecherin. Es gebe aktuell keine Probleme „und somit auch keinen Anlass zur Besorgnis“. Die Bahn werde alles dafür tun, dass „dies so bleibt“, erklärte die Sprecherin.

 

Für ihn sei ein klares Wort der Bahnverantwortlichen umso wichtiger, da Reisende und Pendler wegen der S-21-Bauarbeiten im Hauptbahnhof ohnehin schon Belastungen hinnehmen müssten, sagte Kuhn. Die Bahn verlegt bekanntlich gerade die Bahnsteige, um Platz zu schaffen für den Aushub des Trogs für den Tiefbahnhof. Diese Arbeiten sollen Ende Oktober fertig sein. Dann verlängert sich der Weg in die Bahnhofshalle. Kuhn erinnerte aber auch daran, dass die Pendler in den vergangenen Monaten ständig mit Verspätungen und Zugausfällen im S-Bahnverkehr hätten rechnen müssen. „Die Menschen in Stuttgart und der Region haben Anspruch darauf zu erfahren, ob sie sich auf die Bahn verlassen können“, sagte der Oberbürgermeister. Er wolle nach den Schwierigkeiten bei der S-Bahn „nicht auch noch erleben, dass der Bahnknoten Stuttgart vielleicht gar nicht mehr angefahren werden kann“.

Stuttgart ist von Mainzer Zuständen weit entfernt

Nach der Einschätzung von Martin Herion, dem Leiter der Stuttgarter Geschäftsstelle der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), ist man in Stuttgart von Mainzer Zuständen allerdings nicht weit entfernt. Während die Bahn Anfang der Woche noch von einem „tadellosen Betrieb“ im Stuttgarter Stellwerk sprach, beschreibt Herion die Personaldecke als „sehr dünn“. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung bestätigte ein Insider, dass die Personalsituation „angespannt“ sei, es werde beispielsweise an den Wochenenden durchgearbeitet. Auch Herion berichtete davon, dass bei betrieblichen Engpässen die Fahrdienstleiter auf Urlaub und freie Tage verzichten würden, um den Schichtbetrieb aufrecht zu erhalten. Das führe zu einer hohen Zahl an Überstunden, zudem seien viele Kollegen wegen der hohen Belastung ausgepowert. In Stuttgart hätten die bis zu acht Fahrdienstleiter pro Schicht zusätzlich damit zu tun, dass sich wegen Stuttgart 21 ständig Weichen und Wege änderten, sagte Herion. Oft seien die Schichten so eng besetzt, dass „nicht auszuschließen ist, dass es auch hier soweit kommen könnte wie es jetzt in Mainz ist“, meinte Herion: „Wenn mal zwei, drei Kollegen zusätzlich krank werden . . . “

Der Gewerkschafter setzt auf die am Mittwoch zwischen der Bahn und der EVG vereinbarten Gespräche, in denen die Personalverantwortlichen gemeinsam mit der Gewerkschaft und den Beschäftigten die Dienstpläne der einzelnen Bereiche von den Stellwerken bis zu den Werkstätten auf den Prüfstand stellen. Er rechne damit, dass die Gespräche in den kommenden Wochen stattfinden werden, sagte Herion.