Rüdiger Grube verspricht, die Adventszeit zur Besinnung zu nutzen – und Optionen für Stuttgart 21 plus offenzuhalten.

Stuttgart - Projekte in einer Dimension von 80 Milliarden Euro verantwortet Bahn-Chef Rüdiger Grube, doch keines bindet so viele Kapazitäten wie Stuttgart 21 samt der Neubaustrecke nach Ulm. Ein Ausstieg sei nicht mehr möglich, sagt er - und will notfalls auf Schadenersatz klagen. Die Auflagen des Schlichters Heiner Geißler aber nimmt der Konzernherr überaus ernst, insbesondere den Stresstest, dessen Ergebnisse wohl erst Mitte 2011 vorliegen werden. Grubes Versprechen: keine der Baumaßnahmen und keine der Vergaben, die im kommenden Jahr möglicherweise anstehen, blockierten auch nur eine der in Rede stehenden Nachbesserungen.

Herr Grube, finden Sie den Kaffee in den ICE-Zügen auch so verbesserungswürdig wie Heiner Geißler?


(Lacht) Der Kaffee ist wunderbar, wie ich finde. Aber die Geschmäcker sind verschieden. Heiner Geißler hätte den Kaffee gerne etwas dünner. Nur, dann beschwert sich ein anderer Teil der Fahrgäste, der ein kräftiges Aroma bevorzugt.

Die Kritik am Kaffee können Sie ja möglicherweise gelassen nehmen, nachdem Heiner Geißler den Weiterbau von Stuttgart 21 empfohlen und sich gegen einen weiteren Baustopp ausgesprochen hat. Müssten Sie vor dem Weiterbau aber nicht abwarten, bis die Ergebnisse des Stresstestes vorliegen?


Ich bin erstaunt, wenn immer wieder die Rede ist von einem Baustopp. Den hat es auch während der Schlichtung nie gegeben. Denn der Umbau des Gleisvorfeldes ist die ganze Zeit, wie mit dem Aktionsbündnis abgesprochen, weitergegangen. Beim Grundwassermanagement haben wir die Arbeiten teilweise unterbrochen - und auch bei der Entkernung des Südflügels, weil das im Moment nicht notwendig ist.

Dennoch: wann und wie legen Sie nun wieder richtig los?


Erstens wird es keine Nacht- und-Nebel-Aktionen geben, weil wir das eben gewonnene Vertrauen nicht wieder verspielen möchten. Und zweitens werden wir die Adventszeit vor allem zur internen Beratung nutzen. Wir müssen jetzt ohnehin zunächst einmal mit unseren Bauleitern zusammensitzen und einen Fahrplan überlegen, der die Ergebnisse der Schlichtung berücksichtigt und den wir dann rasch der Öffentlichkeit vorstellen wollen. Mir ist es sehr wichtig, dass der Frieden, der in der Stadt eingekehrt ist, nicht durch irgendwelche Aktionen unsererseits gefährdet wird und dass wir die Bürger sehr viel stärker als bisher mitnehmen.

Das wird nicht einfach, weil der Grundkonflikt durch die Schlichtung nicht gelöst ist.


Dennoch bin ich überzeugt davon, dass die Schlichtung sich positiv auswirkt. Heiner Geißler ist unvoreingenommen an die Sache herangegangen - und sein kluger Spruch, der Gegnern wie Befürwortern von Stuttgart 21 viel abverlangt, findet in der Bevölkerung breite Anerkennung. Beide Seiten sind gut beraten, den Spruch des Schlichters, der ja von den Grünen ins Gespräch gebracht und vom Ministerpräsidenten eingesetzt wurde, anzunehmen.

Das heißt für die Bahn AG: viele Hausaufgaben zu erledigen?


Einerseits. Und andererseits wollen wir als Bahn selbst darüber hinaus alles tun, möglichst positive Signale an die Stuttgarter Bürger zu senden. Dazu gehört es, die Transparenz weiter zu erhöhen und die komplexen Sachverhalte möglichst so zu transportieren, dass es die Menschen verstehen - so wie Heiner Geißler das immer wieder angemahnt hat. Eine gute Idee ist zum Beispiel, Stuttgart 21 als Modelleisenbahn nachbauen lassen.