Metrostationen sind mehr als nur Bahnhöfe. Eine Reise um die Welt zu den außergewöhnlichsten Haltepunkten der Untergrundbahnen.

Stockholm
Stolz nennt sich die Stockholmer Untergrundbahn die „längste Kunstausstellung der Welt“ - 110 Kilometer lang ist das rund 60 Jahre alte Netz, und 90 von 100 Bahnhöfen wurden von Künstlern gestaltet. Die Bandbreite reicht von Pionieren der 50er Jahre bis zu Experimentalkünstlern von heute. Ungewöhnlicher ist der Betreiberwechsel: Seit November 2009 wird die Stockholmer Metro von der chinesischen Firma MTR betrieben. MTR betreibt auch die London Overground, ein S-Bahn-System im Großraum London, und die Metro in Melbourne. Bisher sind die Stockholmer sehr zufrieden: „MTR ist sehr leistungsfähig und effizient“, sagt ein Fachmann der Uni München.

 

Moskau
Die Moskauer U-Bahn wurde 1935 erbaut und verfügt heute auf 313 Kilometern über 188 Stationen. Sie wird täglich von rund neun Millionen Moskowitern benutzt. Berühmt sind die Stationen für ihre majestätische Innengestaltung. Besonders die alten Linien zeugen von Opulenz. Die Station Komsomólskaya mit ihren barocken Stuckdecken, marmornen Säulen und Mosaiken, die Szenen der russischen Geschichte zeigen, macht den Eindruck eines Tanzsaales. Allein für die Mosaike wurden rund 300 000 Teilchen zusammengeklebt. Dazu passend ist der Deckenbereich mit Kronleuchtern ausgeleuchtet.

Madrid
Den modernen, aus Glas und Metall gearbeiteten Eingang zur Metrostation Chamberí würde man kaum verbinden mit dem nostalgischen Bahnhof unter der Erde. Im Jahr 1966 wurde die Station geschlossen, weil die neuen Züge für die Bahnsteige zu lang waren. Heute fahren immer noch Bahnen durch die Station, die jetzt als eine Art Metromuseum fungiert, hindurch. Der Eintritt ist frei, und man kann ein Video über die Geschichte der Madrider Metro anschauen. Die im Jahr 1919 erbaute Station Chamberí fungierte während des Spanischen Bürgerkrieges als Notunterkunft. Interessant sind auch die Werbetafeln aus dem Jahr 1920, die noch im Original an den Wänden hängen.

Schanghai
Der Bund-Sightseeing-Tunnel gehört eigentlich nicht zum regulären Metronetz der Stadt Schanghai. Er ist eine Alternative, um den Fluss Huangpu zu unterqueren, der die alten Kolonialviertel mit dem modernen Finanzviertel Pudong verbindet. Trotzdem und trotz des Fahrpreises von fünf Euro (die Fähre oder die normale Metro kosten 20 Cent), hat seine spezielle Ästhetik ihn zu einer Sehenswürdigkeit der chinesischen Metropole gemacht. Man fährt eine Minute lang, auf einer Distanz von 647 Metern, an holografischen Laserprojektionen und verschiedenen sensorischen Effekten vorbei, die mit Musik unterlegt sind.

Barcelona
Die Metro in Barcelona, das wird jeder bestätigen, der mit ihr gefahren ist, gehört zu den modernsten Europas. Nun wird sie noch moderner: Zwei neue Linien werden komplett automatisiert, das heißt, Zugführer wird es in diesen Zügen nicht mehr geben. Angeblich soll die Automatisierung die Sicherheit der Metro verdoppeln, da menschliche Fehler so ausgeschlossen werden. An den Gleisen wird es Glaswände geben, deren Türen sich nur öffnen, wenn dahinter ein Zug anhält. Natürlich ist alles von Kameras überwacht, und falls Züge zu voll sind, wird die Taktzahl der Fahrten erhöht. Da die Führerkabine nicht mehr besetzt ist, haben Fahrgäste so ganz neue Ausblicke - nämlich direkt nach vorn in den Tunnel hinein. Bis 2015 sollen alle Linien fertiggestellt sein, falls Barcelona bis dahin wegen der Finanzkrise nicht das Geld ausgeht. Die Kosten sind beträchtlich: rund 6,5 Milliarden Euro. Mit einer Länge von 47,8 Kilometern und 52 Bahnhöfen wird dies die längste automatische Metro Europas sein. Für das Jahr 2020 kalkuliert man mit rund 165 Millionen Fahrgästen pro Jahr.

Brüssel
Tintin, dem belgischen Comic-Helden, wird man an vielen Hauswänden und Plätzen in Brüssel begegnen. Es gibt sogar ein Comicmuseum. Vor sechs Jahren wurde anlässlich des 100. Geburtstages seines Schöpfers Hergé eine Wandmalerei an der Metrostation Stockel enthüllt. 140 Figuren aus dem Universum Hergés schmücken dieses 135 Meter lange Relief. Gemalt hat es übrigens der Meister höchstpersönlich, kurz bevor er starb.

Bilbao
Nicht nur wegen des Guggenheim-Museums lohnt es sich, nach Bilbao zu fahren. Der berühmte Architekt Norman Foster, der auch die Berliner Reichstagskuppel entwarf, hat für die Metro in Bilbao Tunnel aus Glasstrukturen entworfen, die nach ihm „fosteritos“ benannt wurden. Sie erhellen die Röhren mit Tageslicht. Die Architektur der Bahnhöfe unterscheidet sich grundlegend von der üblichen Bauweise: Die Ticketschalter befinden sich direkt über den Zügen. Dafür wurde ein Mezzanin über den Bahngleisen angelegt. Als Material dominieren Stahl und Beton. Die Metro heimste schon einige Preise ein: 1998 gewann die Station Sarriko den Brunel Award für Eisenbahndesign, im Jahr 2000 wurde den Sitzen der spanische Preis für Industriedesign verliehen.

London
Die älteste Metro der Welt, die „Tube“ in London, erbaut im Jahr 1863, ist wohl auch die berühmteste der Welt. Europaweit ist das Netz mit elf Linien und rund 400 Kilometern Streckenlänge das größte. Übrigens sind rund 55 Prozent der Strecken oberirdisch. Zugleich ist die Tube eine kleine Welt für sich: Hier sitzt der indische Sikh mit Turban neben einem Punker und gegenüber der Mann mit Anzug und Krawatte. Von der „Twopenny Tube“ im Jahr 1900 hat sich der Fahrpreis im Vergleich zu heute drastisch erhöht: eine einfache Fahrkarte für eine Einzelfahrt auf 4,5o Pfund (rund 5,3o Euro). Der Netzplan, den Harry Beck im Jahr 1931 entwarf, zählt heute als Stilikone.

Fan werden auf Facebook: https://www.facebook.com/fernwehaktuell