Der neue Florenzer Bahnhof Belfiore nach den Plänen von Norman Foster dürfte schon bald zu den Akten gelegt werden – und das nach 20 Jahren Planung. Viele Bürger sind nur noch genervt.

Florenz - Es ist Sommer 2016. Da sollte eigentlich der Betrieb des neuen Bahnhofs in Florenz aufgenommen werden. Belfiore, so der malerische Name des Viertels, in dem auch der moderne Glasbau von Stararchitekt Norman Foster heute stehen sollte. Doch malerisch ist hier nur wenig. Eher staubig. Statt eines Bahnhofs ist an der Viale Corsica nur eine abgesperrte Baustelle zu finden. Bauarbeiter sieht man hier nur selten – der Bürgermeister hat die Arbeiten erst einmal gestoppt. Sommer 2016 – schon dieses Datum lag sehr viel später, als der Projektplan das vorgesehen hatte. In der Nachricht von 2002, dass das Büro Foster den Wettbewerb für sich entscheiden konnte, hieß es noch: Projektabschluss 2008. Als aktuelles Datum für die Eröffnung kursiert nun Sommer 2020.

 

Ein großes Loch für den neuen Bahnhof

Wenn überhaupt. Denn nach rund 20 Jahren Planung, 760 Millionen Euro, die laut der Gegenbewegung „No TAV“ bereits in die Baustellen an verschiedenen Punkten der Stadt geflossen sein sollen, und nach dem Graben eines etwa 40 Meter tiefen Lochs für den neuen Bahnhof könnte das Projekt nun endgültig gekippt werden. Der neue Bahnhof Belfiore, verbunden mit dem Bau eines etwa sechs Kilometer langen Tunnels unter der Renaissancestadt, sollte vor allem dem Schnellzugverkehr nutzen. Daher der Projektname TAV (Treno ad alta velocità).

Eine oberirdische Tram sollte den neuen Bahnhof an den Flughafen und den jetzigen Florentiner Hauptbahnhof Santa Maria Novella anbinden – ein Kopfbahnhof, der so vom Fernverkehr umfahren und zum Hauptknotenpunkt für den Regionalverkehr werden sollte. Rund 1,5 Milliarden Euro sollte das Projekt kosten. Bürgermeister Dario Nardella vom Partito Democratico würde dieses aber nun am liebsten einfach begraben. Oder zumindest umplanen. „Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass mir – wie auch meinem Vorgänger Matteo Renzi – das TAV-Projekt nicht gefällt“, sagte er kürzlich.

Alternative entwickeln

Ginge es nach ihm, würden die Schnellzüge weiter oberirdisch fahren und die bestehenden Bahnhöfe Campo di Marte oder Rifredi nutzen. Der Bahnhof Belfiore könnte in den Akten verschwinden, und der geplante Tunnel würde von einer U-Bahn befahren, die die Menschen in der engen historischen Stadt endlich zuverlässig von A nach B brächte. Das wäre erstens weniger aufwendig, zweitens günstiger und drittens nützlicher für die Bürger. Viele Konjunktive. An diesem Donnerstag trifft sich Nardella mit Vertretern aus der Region, der Eisenbahn und von der Regierung in Rom, um Alternativen zum Ursprungsprojekt durchzugehen.

So manchen Bürger von Florenz würde es freuen. Viele sind die ewigen Baustellen und die Diskussionen um den Zugverkehr leid. Ebenfalls 1998 hatte die Stadt begonnen, ein Straßenbahnnetz zu bauen. Von den geplanten drei Linien fährt seit 2010 eine. Den Flughafen erreicht man noch immer klassisch mit dem Bus. „Ich bin auf jeden Fall für eine Veränderung – egal welche“, sagt Giacomo Bogani. Der 32-jährige Florentiner ist es einfach Leid: „Diese Arbeiten haben 1995 angefangen. Seit fünf Jahren passiert nichts mehr.“

Florenz sei nur noch verstopft, „eine Stadt voller eingefrorener Baustellen, weil niemand eine Entscheidung treffen will.“ Simone Lisi, ebenfalls Anfang 30, drückt es etwas härter aus. „Ich würde sagen, in Florenz leimen sie dich. Vor allem wenn du in der Viale Corsica im Staub lebst“, sagt der Florentiner. Den Anwohnern dort seien 1000 Euro gezahlt worden, „damit sie denen nicht auf die Nerven gehen.“ In Florenz sei wohl jeder für irgendeinen Fortschritt, sagt Lisi frustriert. „Hauptsache, die gehen uns nicht mehr auf die Nerven.“